Heft 
(1990) 49
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Herz und ein edles Streben auf seinem Lebensgange zu erringen gewußt hatte. Viele hatten ihre Ferien gekürzt, ihre Reisen unterbrochen,um an diesem letzten Ehren­tage an der Seite des Freundes nicht zu fehlen. Außer den zur Zeit anwesenden- then des Ministeriums, in das der Verstorbene ganz vor Kurzem erst zu allseitiger und beinah ausnahmslosen Freude berufen worden war, waren Kunst, Wissenschaft, Dichtung im Kreise der Anwesenden reich vertreten: wir nennen nur Drake, Menzel, Gropius, Adler, Reuleux, Scherenberg, der letztere, aus vergangenen Tagen her, dem nunmehr Geschiedenen nahe befreundet.

Im Halbkreis, um ein Rondel herum, standen die Trauernden, als der Domchor mit Jesus meine Zuversicht" intonirte; dann trat der Dom-Hilfsprediger Dryander, der, vor Jahresfrist erst, der italienische Reisegefährte des Verstorbenen gewesen war, an den Sarg des heimgegangenen Freundes, um ihm die Gedächtnißrede zu halten. Er knüpfte an das Wort:Selig sind die reinen Herzens sind" und führte mit kunstvol­lem Maaß, mit ergreifender Einfachheit und Wahrheit den Gedanken aus, daß der Verstorbene reinen Herzens gewesen sei, rein im Leben und Streben, edel in Gesin­nung und Wandel. Der Mensch und der Künstler, das ideale Wollen und das alltägli­che Thun - sie deckten einander. Der Glauben an die Heiligkeit der Kunst war ihm in's Herz geschrieben. Er war reinen Herzens und wird Gott schauen, wie die Schrift ihm verheißen.

Nach den Einsegnungsworten erfolgte die Ueberführung der Leiche, ihre beflorten Banner vorauf, schritten die Schüler des Verstorbenen, Studirende der Gewerbe- und Bauakademie. Auf dem Perron noch ein Kreis-schließen, ein letztes Lied, - und die Lokomotive glitt lautlos aus dem Dämmer der Halle in das lichte Freie hinaus.

Unter denen, die heimkehrten, waren viele, in deren Herzen das Wort des alten Clau­dius lebendig war:

Sie haben einen guten Mann begraben.

Mir aber war er mehr. Th. F.

(Aus: Erste Beilage zur Königlich Privilegierten Berlinischen Zeitung No 191, Sonnabend, den 17. August 1872)

Anmerkungen:

Anfang dieser Woche meldeten In der Dritten Beilage zur Vossischen Zeitung vom 13. August 1872 teilte der Bruder Karl Eggers das Ableben von Fried­rich E. in einer Anzeige folgenden Wortlautes mit:

Den gestern Mittag 12 1/2 Uhr nach fünftägiger Krankheit erfolgten Tod meines theuren Bruders, des Professors Dr. Friedrich Eggers, zeige ich hiermit entfernten Freunden und Bekannten im Namen der trauernden Geschwister an.

Dr. Karl Eggers Senator

Berlin, den 12. August 1872."

Überführung seiner Leiche - Diese wurde am 15./16. August 1872 von Berlin nach Rostock überführt und dort beigesetzt.

Drake - Friedrich D. (1805-1882), Bildhauer.

Menzel - Adolf M. (1815-1905), Maler und Zeichner; Mitglied einiger Vereine, zu denen auch F. Eggers gehört hatte.

Gropius - Martin G. (1824-1880), Architekt; seit 1869 Direktor der Berliner Kunst­schule.

Adler - Friedrich A. (1824-1908), Architekt und Kunsthistoriker.

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