Somit wird ein Hauptgrund für die Fontane-Renaissance deutlich; es wird illustriert wie der Dichter sprach- und erzähltech'nisch seiner Zeit voraus sein und darum ihre Begrifflichkeiten durch seine Kunst überfordern kann.
Theodor Storms Welt in Bildern. Eine Bildbiographie. Hrsg, von Karl Emst Laage. — Heide in Holstein: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co. 1987. 190 S. (Schrift 37/1988 der Theodor-Storm-Gesellschaft)
Karl Ernst Laage: Theodor Storm. Studien zu seinem Leben und Werk mit einem Handschriftenkatalog. 2., erweiterte und verbesserte Auflage. — Berlin (West): Erich Schmidt Verlag 1988. 254 S.
(Rez.: Peter Goldammer, Weimar)
„Theodor Storm's World in Pictures" war der Titel eines Buches, das der amerikanische Storm-Forscher E. O. Wooley vor fünfunddreißig Jahren vorgelegt hatte (Indiana University Press, Bloomington, 1954). Karl Ernst Laage nimmt „bewußt den Titel wieder auf", denn er will „Wooleys Werk fortsetzen", das, noch in Zusammenarbeit mit Gertrud Storm, der Tochter und Biographin des Dichters, begonnen, später von der Theodor-Storm-Gesellsohaft in Husum gefördert worden war (S. 7). Eine Anzahl Bilder, die Wooley als erster veröffentlicht hatte, findet man auch hier wieder; im ganzen aber geht Laage durchaus eigene Wege; er präsentiert nicht nur bisher unbekanntes Bildmaterial, sondern wartet auch mit Funden auf, die selbst einen guten Kenner von Storms Leben und Werk zu überraschen vermögen.
Da findet sich, zum Beispiel, die Reproduktion eines Gedichts, das Storm ein halbes Jahr vor seinem Tode niedergeschrieben und mit dem er sich „gleichsam vom Dichten und vom Leben verabschiedet" hat (S. 178). Die Verse lauten;
Der Pegasus, das stolze Pferd,
Ist wohl des besten Reiters werth;
Ich aber kann mit Flügelpferden So recht nun nicht mehr fertig werden;
Ganz still nur geht's im Zuckeltrab
Den Berg hinab; wohin? — hinab! (Abb. 254)
Aus den noch im Familienbesitz befindlichen Teilen des Storm-Nachlasses konnte der Herausgeber das Blatt mit einem handschriftlichen Gedicht von Emanuel Geibel („Ich blick in die Welt und ich blick in mein Herz") wiedergeben, das am unteren Rand eine (aus späterer Zeit stammende) Notiz von Storms Hand trägt; „Dieß Gedicht schrieb Geibel in Lübeck in meinem Zimmer nieder, als ich dort Primaner war" (Abb. 29). - Ebenfalls aus Familienbesitz stammt eine Zeichnung des sechzehnjährigen Hermann Schnee, des Sohnes von Storms Potsdamer Kollegen gleichen Namens, aus dem Jahre 1856 - also möglicherweise ein Abschiedsgeschenk, als Storm mit seiner Familie nach Heiligenstadt übersiedelte - mit dem eigenhändigen Vermerk des Dichters: „Heinrich v. Kleist's Grab u, Todesstätte unweit Potsdam. Für mich nach der Natur gezeichnet von Hermann Schnee in Potsdam, derzeit Gymnasiast, später Landschaftsmaler" (Abb. 98). - Schließlich soll hier noch das früheste uns bekannte
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