mindest gedrängten Forschungsbericht zu gründen, so wäre rasch deutlich geworden, wie wenig solche Sicht dem tatsächlichen Stellenwert, der dem in Rede stehenden Phänomen, wenngleich noch nicht in Einzeluntersuchungen, so doch prinzipiell in der Forschung eingeräumt wird, gerecht werden kann. In seltsamem Gegensatz zu der zitierten Behauptung heißt es denn auch wenige Seiten später, „die unübersehbar gewordene Literatur" mache dem Verf. „fast unmöglich", bei seiner Arbeit „alle für sein Thema wesentlichen Arbeiten zu berücksichtigen" (12). Außer den bereits genannten Peter Wruck und Kenneth Attwood sei vor allem auf die Untersuchung von Charlotte Jolles „Fontane und die Politik" verwiesen, die zum Thema Preußentum und Demokratismus gedrängte, aber wegweisende Bemerkungen macht. Leider sind F. nicht einmal die dezidierten Positionen dieser Autoren eine zusammenfassende Darstellung und Wertung wert: erst dies hätte es ihm ermöglicht, seine Aufgabenstellung wie die gewonnenen Ergebnisse dort anzuknüpfen, wo die Forschung tatsächlich steht. Statt dessen übt er sich immer wieder im pauschalen polemischen Rundumschlag gegen die „gängige" Fontane-Forschung, die - das nur als ein Beispiel - von der Konzeption bestimmt werde, Fontane sei „vom Jahre 1848 an entschlossen" gewesen, „die versäumte Revolution nachzuholen" und endlich „nur durch seinen Tod verhindert" worden, „in Berlin die Räterepublik auszurufen" (200). Solche Polemiken sind natürlich einerseits erfrischende Zeugnisse für Engagement und Temperament des Verf., beschädigen aber bei ständiger Wiederholung andererseits seine Glaubwürdigkeit - und dies um so mehr, als zwischen den Zeilen seines Buches unübersehbar ist, wie sehr er selbst vom „Zeitgeist", nun freilich dem der konservativen „Wende" in der Bundesrepublik der achtziger Jahre, erfüllt ist. Zumindest gewinnt F. aus diesem Verfahren die Möglichkeit, Zielstellung wie künftigen Ertrag seines Buches sehr rasch auf eine klare, freilich auch sehr allgemeine Formel zu bringen: es solle und könne zeigen, „daß Fontane viel preußischer dachte und schrieb, als viele Leser das heute wahrhaben wollen" (8). Mit desto größerem Interesse sieht man der näheren Bestimmung dieses preußischen, ja wie F. schreibt, „prussifizier- ten" Denkens entgegen, vor allem auch deshalb, weil der Verf. darüber hinausgehend sich das Ziel gestellt hat, „die Kontinuität hinter aller Widersprüchlichkeit" zu suchen, die sich in den einmal „Sozialrevolutionären und antimilitaristischen", dann wieder ,preußisch-deutschen, patriotischen' Bekenntnissen (10) Fontanes offenbare - die neue Formulierung einer bekannten Fragestellung, die schon deutlich den neuen Zeitgeist erkennen läßt, für den Antimilitarismus und Patriotismus sich auszuschließen scheinen. Diese Zielstellung vermischt logische und historische Aspekte: gefragt wird aber wohl nach dem übergreifenden Element, welches die Widersprüche zu relativieren, die Möglichkeit ihres Nebeneinander zu erklären vermag, denn Widersprüchlichkeit kann ja durchaus ein in sich selbst kontinuierliches, wenngleich in seiner konkreten Erscheinung jeweils unterschiedlich strukturiertes Phänomen sein.
In seinen ersten sechs Kapiteln widmet sich der Verf. ausgewählten Aspekten der Entwicklung Fontanes bis zu den Kriegsbüchern (S. 13 — 110): der „Militärverbundenheit in seinen Kinder- und Jugendjahren", den „Balladentriumphen im Tunnel", der Revolution von 1848, „Fontanes Kriegserfahrungen in England" und „Überlegungen zu den ,Wanderungen durch die Mark Brandenburg'". Es folgt - zweifellos der ergebnisreichste Teil des Buches - in fünf Kapiteln die Untersuchung der drei großen Kriegsdarstellungen und der autobiographischen Frankreichberichte sowie deren zeitgenössischer Rezeption (S. 111 - 216). In einem Kapitel geht er sodann dem Verhältnis zwischen „Vor dem Sturm" und der Kreuzzeitung nach, um endlich in zehn Kapiteln die Entwicklung der für sein Thema wesentlichen Seiten im politisch-sozialen Denken Fontanes ab 1878 darzustellen (S. 224-404); eines davon ist der Betrachtung
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