Heft 
(1990) 49
Seite
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vermögen und alle Formen des zivilisierten Lebens' (278), vom Borussismus, dem Kommissigen" und dem Militarismus abzugrenzen, wesentliche Fragen offen, ver­zichtet er doch darauf, die Frage nach den jeweiligen militärpolitischen Strategien und Motivationen von Soldat und Armee zu stellen.

Auch die diesem Komplex vorangehenden und folgenden Kapitel enthalten wichtige Ergebnisse und Anregungen, etwa zum Problem der Befreiungskriege in Fontanes Pu­blizistik oder zu seinen Beziehungen zu Friedlaender: die zu den Kriegsbüchern bil­den dennoch den gewichtigsten Teil des Buches. Fs von allen Berührungsängsten freie Herausstellung zentraler mit der offiziellen preußischen Politik konformen Ele­mente Fontanes ist ein notwendiger und selbst bei gelegentlicher Überzeichnung wichtiger Schritt auf dem Weg zumganzen Fontane". Fs Ansatz und der Tenor vie­ler seiner Ergebnisse werden bestätigt durch die weitgehende innere Übereinstim­mung, die ihn bei der Besichtigung und Einordnung der Texte mit Dieter Bänsch ver­bindet, der von ganz anderen weltanschaulich-politischen und ästhetischen Positio­nen aus an diesen Werkkomplex und sein Umfeld herangetreten ist. In seiner ge­dankenreichen, dichten StudiePreußens und Dreysens Gloria" hat er bisher kaum so gesehene Ursprünge, innere Zusammenhänge und Wirkungsstrategien jener Texte freigelegt und mit seiner Methode,historische Reflexion mit Kritik aus gegenwärti­gem Bewußtsein zu verbinden" 5 , mit tatsächlichen Tabus der Fontane-Forschung ge­brochen. Bänsch macht polemisch aufmerksam aufschauerlich einverstandene Sätze" und kann keineTrübung des hurraerfüllten Patriotismus" feststellen:Anlaß zur Vorsicht gegenüber allen Thesen, die ihnen (den Kriegsbüchern - H. R.) pauschal Distanzierung vom Borussismus unterstellen." 6 Bei ganz anderer Bewertung, aber mit gleichem Nachdruck macht Fs Buch darauf aufmerksam, daß die weitere For­schung diese vernachlässigten Felder besetzen und dabei weit über das oft geübte Verfahren hinauskommen muß, eine Textstelle bei Fontane, gegen eine andere auszu­spielen.

Kritische Fragen und Einsprüche provoziert F. hingegen mit der Methode und dem Ergebnis seines Bemühens,die Kontinuität hinter allen Widersprüchen" zu finden oder, wie er auch schreibt,dem Fontaneschen Denken immer wieder auf den Grund zu gehen" (8). Es ist bedauerlich,'daß er die vorsichtige Zurückhaltung, mit der er in der Einleitung zunächst von diesem Vorhaben sprach, so rasch fallengelassen hat: Nach dem biblischen Motto ,Suchet, so werdet ihr finden' sucht und findet auch der Philologe", hießt es dort:Aber jeder findet seine eigene, ihm besonders einleuch­tende Kontinuität, und diese Kontinuität, wie zu erwarten, ergänzt sich nicht mit der der anderen, sondern sie schließen einander aus. Die vorliegende Studie wird sich in dieser Hinsicht von den anderen kaum unterscheiden." (10) Als mögliches Resultat hatte er zuvor bereits formuliert:Fontane ein wenig anders. Das ist alles, was sich erstreben läßt." (8f) Bereits kaum 20 Seiten später aber fühlt F. sich dann in der Lage, in Fontanes Begeisterung und Bewunderung für Preußen, sein Militär und des­sen Helden und Schlachten das Kontinuum seines Denkens zu erkennen, das den Gang seiner Entwicklung von der frühen Kindheit bis zum späten Alter überwölbt. Einzelne Phasen und einige der wichtigsten Elemente demokratischer Gesellschafts­kritik werden dabei von ihm durchaus gesehen und dargestellt, erhalten jedoch dem­gegenüber keinen konzeptionellen Rang, sondern werden als zeitweiligeEinbrü­che" (10) relativiert, die sich aus bestimmten Einzelerfahrungen und vor allem deren psychischer Radikalisierung ergaben.Primär war er Preuße", heißt es schon zu Be­ginn des 2. Kapitels,und wenn es in seinem Leben einen kontinuierlichen Zug gab (und, wie sich zeigt, es gab ihn), dann war es seine preußische Geschichtsselig­keit." (31) Schon die - an sich verständliche, aber weder als methodische Vorausset-

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