vermögen und alle Formen des zivilisierten Lebens' (278), vom Borussismus, dem „Kommissigen" und dem Militarismus abzugrenzen, wesentliche Fragen offen, verzichtet er doch darauf, die Frage nach den jeweiligen militärpolitischen Strategien und Motivationen von Soldat und Armee zu stellen.
Auch die diesem Komplex vorangehenden und folgenden Kapitel enthalten wichtige Ergebnisse und Anregungen, etwa zum Problem der Befreiungskriege in Fontanes Publizistik oder zu seinen Beziehungen zu Friedlaender: die zu den Kriegsbüchern bilden dennoch den gewichtigsten Teil des Buches. Fs von allen Berührungsängsten freie Herausstellung zentraler mit der offiziellen preußischen Politik konformen Elemente Fontanes ist ein notwendiger und selbst bei gelegentlicher Überzeichnung wichtiger Schritt auf dem Weg zum „ganzen Fontane". Fs Ansatz und der Tenor vieler seiner Ergebnisse werden bestätigt durch die weitgehende innere Übereinstimmung, die ihn bei der Besichtigung und Einordnung der Texte mit Dieter Bänsch verbindet, der von ganz anderen weltanschaulich-politischen und ästhetischen Positionen aus an diesen Werkkomplex und sein Umfeld herangetreten ist. In seiner gedankenreichen, dichten Studie „Preußens und Dreysens Gloria" hat er bisher kaum so gesehene Ursprünge, innere Zusammenhänge und Wirkungsstrategien jener Texte freigelegt und mit seiner Methode, „historische Reflexion mit Kritik aus gegenwärtigem Bewußtsein zu verbinden" 5 , mit tatsächlichen Tabus der Fontane-Forschung gebrochen. Bänsch macht polemisch aufmerksam auf „schauerlich einverstandene Sätze" und kann keine „Trübung des hurraerfüllten Patriotismus" feststellen: „Anlaß zur Vorsicht gegenüber allen Thesen, die ihnen (den Kriegsbüchern - H. R.) pauschal Distanzierung vom Borussismus unterstellen." 6 Bei ganz anderer Bewertung, aber mit gleichem Nachdruck macht Fs Buch darauf aufmerksam, daß die weitere Forschung diese vernachlässigten Felder besetzen und dabei weit über das oft geübte Verfahren hinauskommen muß, eine Textstelle bei Fontane, gegen eine andere auszuspielen.
Kritische Fragen und Einsprüche provoziert F. hingegen mit der Methode und dem Ergebnis seines Bemühens, „die Kontinuität hinter allen Widersprüchen" zu finden oder, wie er auch schreibt, „dem Fontaneschen Denken immer wieder auf den Grund zu gehen" (8). Es ist bedauerlich,'daß er die vorsichtige Zurückhaltung, mit der er in der Einleitung zunächst von diesem Vorhaben sprach, so rasch fallengelassen hat: „Nach dem biblischen Motto ,Suchet, so werdet ihr finden' sucht und findet auch der Philologe", hießt es dort: „Aber jeder findet seine eigene, ihm besonders einleuchtende Kontinuität, und diese Kontinuität, wie zu erwarten, ergänzt sich nicht mit der der anderen, sondern sie schließen einander aus. Die vorliegende Studie wird sich in dieser Hinsicht von den anderen kaum unterscheiden." (10) Als mögliches Resultat hatte er zuvor bereits formuliert: „Fontane ein wenig anders. Das ist alles, was sich erstreben läßt." (8f) Bereits kaum 20 Seiten später aber fühlt F. sich dann in der Lage, in Fontanes Begeisterung und Bewunderung für Preußen, sein Militär und dessen Helden und Schlachten das Kontinuum seines Denkens zu erkennen, das den Gang seiner Entwicklung von der frühen Kindheit bis zum späten Alter überwölbt. Einzelne Phasen und einige der wichtigsten Elemente demokratischer Gesellschaftskritik werden dabei von ihm durchaus gesehen und dargestellt, erhalten jedoch demgegenüber keinen konzeptionellen Rang, sondern werden als zeitweilige „Einbrüche" (10) relativiert, die sich aus bestimmten Einzelerfahrungen und vor allem deren psychischer Radikalisierung ergaben. „Primär war er Preuße", heißt es schon zu Beginn des 2. Kapitels, „und wenn es in seinem Leben einen kontinuierlichen Zug gab (und, wie sich zeigt, es gab ihn), dann war es seine preußische Geschichtsseligkeit." (31) Schon die - an sich verständliche, aber weder als methodische Vorausset-
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