Heft 
(1990) 49
Seite
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12 Der Vorwurf, den F. gegen Reuter erhebt, trifft ihn wiederholt selbst:Es tut sich hier der entscheidende Mangel des Buches von Reuter auf: an vielen Stellen gibt er statt objektiver Urteile ideologisch verbrämte Vorurteile. Und wenn der Wortlaut ganz gegen seine Sicht spricht, dann kann man ,Fontane nicht glauben' oder ,es ist ihm nicht ernst gewesen'" (450).

13 Von hier aus verfällt auch Fontane selbst gelegentlich der Kritik des Verfs. Vgl.

etwa S. 374:Es gibt in seinem Leben immer wieder Augenblicke, in denen er sich von aller Tradition und Konvention lossagt, sich in Einseitigkeiten hin­einsteigert und in seiner Argumentation nur Maßlosigkeit und Rücksichtslosig­keit walten läßt."

14 Wie wenig dies der Fall ist, belegen die Kommentare und Interpretationen, mit denen F. gelegentlich seine an sich anerkennenswerte Einbeziehung von Marx und Engels verknüpft. So kommentiert er etwa deren Ablehnung der Annexion von Elsaß-Lothringen mit den Worten, es verstehe sichvon selbst, daß es für Marx und Engels dabei nicht um eine zukünftige Konfliktlosigkeit und damit um die Abschirmung des deutschen Besitzstandes ging, sondern um.die Aus

schaltung Rußlands, in dem sie den mächtigsten Gegner für jede Revolution der Arbeiterschaft sahen." (460) In der hier angezogenen Argumentation von Karl Marx heißt es hingegen:Nehmen sie (die deutschen Sieger H. R.) Elsaß und Lothringen, so wird Frankreich mit Rußland Deutschland bekriegen. Es ist über­flüssig, die unheilvollen Folgen zu deuten. Schließen sie einen ehrenvollen Frie­den mit Frankreich, so wird jener Krieg Europa von der moskowitischen Diktatur emanzipieren, Preußen in Deutschland aufgehen machen, dem westlichen Konti­nent friedliche Entwicklung erlauben . ." Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 17, S. 269. Vgl. dazu den in ähnlichem Sinne gehaltenen Vergleich zwischen Fontanes sozialem Denken und dem von Marx und Engels S. 332.

15 In seinem AufsatzKrieg und Bürgerkrieg in Frankreich. Erlebnis und Dichtung bei Fontane", Fontane-Blätter Bd. 4 (1979) H. 6, S. 469, hat Pierre-Paul Sagave aus­drücklich auf das Forschungsdefizit auf diesem Gebiet aufmerksam gemacht; vgl. dazu auch seinen Bericht über Fontane-Forschung in Paris, Fontane-Blätter Bd. 1 (1969) H. 8.

16 Dieses Bemühen begründet den produktiven Ansatz der Untersuchung von Gud- run Loster-Schneider: Der Erzähler Fontane. Seine politischen Positionen in den Jahren 1864 - 1898 und ihre ästhetische Vermittlung. Tübingen 1986. Die Verfn. geht davon aus, daßdas Begriffspaar von konservativ' und .progressiv' " für Fontane nicht ausreicht (260).

17 Die Behauptung Fs, in der Einleitung zu der vom Rez. herausgegebenen Edition (vgl. Anm. 10) werde Fontane eine Kontinuitätdemokratisch-sozialistischer Überzeugungen" (13) unterstellt, ist unzutreffend.

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