Es spricht hier wie bei einigen anderen dieser Editionen nicht der charmante Plauderer Fontane, der zu seinem Vergnügen und seiner Bereicherung sein Leben lang ein reger und prompter Korrespondent war und den Titel des größten deutschen Briefschreibers in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdient. Es geht vielmehr um Einblicke und Einsichten in Fontanes schwieriges Berufsleben zu der Zeit, bevor er in den Augen der heutigen Welt als bedeutender Romancier den Höhepunkt seiner schriftstellerischen Laufbahn erreichte. Mehr noch als in den Briefen an Kletke oder Rodenberg trifft das hier zu, denn Fontane hat Decker in den zehn Jahren ihrer gemeinsamen publizistischen Unternehmen nie persönlich nahe gestanden; die Briefe, auch an die Verlagsangestellten, sind kurz, kühl, sachlich. Da ist wenig oder nichts von dem eleganten und abgeklärten Causeur zu spüren, der die Briefe an die Tochter Mete (ed. K. Schreinert und Ch. Jolles, 1969) oder an Georg Friedländer (ed. K. Schreinert, 1954) so liebenswert und menschlich bewegend macht. Aber dafür handelt es sich hier, wie der Herausgeber in seiner kurzen, aber informativen Einleitung erinnert, um „die einzige Geschäftskorrespondenz Fontanes, die den alltäglichen Kampf mit Lektoren, Setzern, Holzschneidern und Geschäftsführern in solcher Ausführlichkeit dokumentiert" (S. 18).
Die Erfolglosigkeit und finanzielle Ungesichertheit des Aktualitätenschreibers Fontane, der sich, „der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe", aus der Dichtung im engeren Sinn jahrzehntelang zurückziehen mußte, verurteilt ihn immer wieder zu einer in seinem Alter - beim Erscheinen des ersten Kriegsbuchs 1866 war er 47, beim Erscheinen des letzten Teilbandes des dritten Kriegsbuchs war er 56 - eigentlich unwürdigen Nachgiebigkeit, deren er sich wohl bewußt war. Man muß dankbar sein, daß der schriftliche Austausch in der Zeit vor dem Telefon eine so viel größere Rolle spielte; sonst wären die meisten der hier vorliegenden Dokumente wohl nie geschrieben worden, -und man wüßte weniger von der mühsamen Publikationsgeschichte der Kriegsbücher Fontanes, von seinen ständigen Geldsorgen und von seinem Urteil über ihre Illustrationen.
Der hübsch ausgestattete Band ist sachkundig und liebevoll ediert. Nur scheinen mir die Anmerkungen etwas unausgewogen; sie könnten insgesamt ausführlicher sein (z. B. S. 35; welcher „größeren Arbeit" möchte sich Fontane widmen?). Max Jahns, S. 240, fehlt, wenn ich nicht irre, im Namensregister.
Ein Wort zum Schluß über die sieben dankenswerterweise von Hettche hinzugefügten zeitgenössischen Rezensionen der Kriegsbücher. Sie lassen den Mißerfolg dieser Werke und das Mißfallen höchster Kreise über Fontanes mangelnden Patriotismus nicht ahnen, denn sie bestätigen dem Autor durchweg, sogar im Militär-Wochenblatt, daß seine Bücher „von dem warmen Hauch patriotischer Begeisterung durchweht" (S. 245 f.) seien. Nur deutet wohl die geringe Zahl von Besprechungen (oder gibt es andere?) auf die geringe Verbreitung der Kriegsbücher. Wie auch immer, der „mittlere Fontane", zu dessen Erhellung Hettche so überzeugend beigetragen hat, verdient weiterhin die Zuwendung der Forschung.
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