Heft 
(2023) 115
Seite
18
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18 Fontane Blätter 115 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes »Weltbürgerblick« Ein zweiter Teil der Miszelle über Fontane im Magazin für Litteratur hilft uns, eine etwas unklare Anspielung in Wolffs Rezension aufzuklären. Im Zusammenhang mit Fontanes Buch Kriegsgefangen spricht Wolff davon, es sei nicht verwunderlich, dass»die Klügeren unter den Franzosen jetzt die­ses Buch mit Andacht lesen.« Er spielt damit auf die französische Überset­zung von Kriegsgefangen an, die im Sommer 1892 unter dem Titel Souve­nirs dun prisonnier de guerre allemand en 1870 herausgekommen war und in den Feuilletonspalten der französischen Presse für ein reges und durch­weg positives Echo sorgte. Das Buch wurde damit zum größten Auslands­erfolg Fontanes zu seinen Lebzeiten. Die freundliche Aufnahme im Land des früheren Kriegsgegners und traditionellen ›Erbfeinds‹ registrierten auch deutsche Medien aufmerksam. So stellt das Magazin für Litteratur fest, das Buch habe»die beinahe bewundernde Anerkennung der pariser Pres­se« gefunden. Der» Evénement « z. B. preist in einem Leitartikel unter dem Titel» Un ennemi ami « im Hymnenton die dichterischen Eigenschaften des Buches, die sich mit einer Unparteilichkeit des Denkens und Zartheit des Empfindens verbänden, die»die Ueberlegenheit des wahrhaft litterarischen Geistes« in diesem» noble Germain despèce à part « verrieten. 37 Neben dem Événement(7. Juli 1892) wurden die Souvenirs dun prisonnier auch in Le Figaro (20. Juli 1892) und Le Temps(21. Juli 1892) besprochen 38 und das Berliner Tageblatt wies am 22. Juli 1892 seine Leser auf das so »überaus sympathische Feuilleton« von André Hallays über Fontanes Werk im Journal des Débats vom 20. Juli 1892 hin. 39 Die lebhafte französische Presseresonanz weckte jetzt sogar das Interesse englischer Zeitungen(die deutsche Originalausgabe war seinerzeit von der britischen Presse offen­bar ignoriert worden). In seiner Sparte French Literature besprach die Lon­doner Saturday Review die Übersetzung. Der anonyme Rezensent stellte eingangs überrascht fest:»It seems a little odd that nobody should have thought of translating into English the prison reminiscences of Herr Fonta­ne«. 40 Eine englische Ausgabe ist in Großbritannien auch später nicht er­schienen, dennoch erscheint Wolffs Wort, Fontane habe»alles Anrecht auf den Ehrentitel des Weltbürgers«, auch vor diesem erstaunlichen Wirkungs­hintergrund in einem ganz besonderen Licht.