Heft 
(2023) 115
Seite
19
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Theodor Wolff über Theodor Fontane  Rasch 19 »Zu schade für einen Orden«? In einem anderen Punkt muss man Wolff hingegen widersprechen. Fontane habe»nie eine Auszeichnung von Amtswegen« erhalten, er sei»zu schade für einen Orden«, so schreibt Wolff. Gut gesagt, aber falsch. Fontane ist sogar mehrfach ausgezeichnet worden: 1867 erhielt er den Preußischen Kronenorden IV. Klasse, 1871 das Ritterkreuz der Wendischen Krone und 1888 das Ritterkreuz des Hohenzollernschen Hausordens. Diese Dekoratio­nen schlug er nicht mit ostentativem Bürgerstolz aus, sondern betrachtete sie ganz pragmatisch als Mittel, die mangelhafte soziale Reputation eines Berufsschriftstellers ein bisschen aufzupolieren:»Angesichts der Thatsa­che[], daß man in Deutschland und speziell in Preußen nur dann etwas gilt, wenn man ›staatlich approbirt‹ ist, hat solch Orden einen wirklichen praktischen Wert: man wird respektvoller angekuckt und besser behan­delt«, bekennt er am 7. Januar 1889 in einem Brief an Georg Friedlaender . 41 Zur Textdokumentation Der Text Wolffs wird nachfolgend ungekürzt, buchstaben- und zeichenge­treu nach dem Erstdruck im Berliner Tageblatt wiedergegeben. Ergänzt wird die bislang unbekannte Buchbesprechung um die fast fünfzig Jahre später niedergeschriebenen Erinnerungen Wolffs an Fontane . Sie sind sei­nen 1992 postum veröffentlichten autobiographischen Aufzeichnungen entnommen, die im südfranzösischen Exil entstanden. 42 Ein Kapitel daraus ist mit La Terrasse in der Gascogne, Juli 1940 überschrieben. In diesem Abschnitt erinnert sich Theodor Wolff seiner engen freundschaftlichen Beziehungen zu dem Maler Walter Leistikow (1865–1908), zu Theodor Fon­ tane und dem Philosophen Karl Werder . Diese Memorabilien wurden von der Fontane -Forschung bislang nicht wahrgenommen. Sie sind leider auch den Herausgebern der umfangreichen Sammlung von Erinnerungen an Fontane 43 entgangen und wären sicherlich in diesen Band mit aufgenom­men worden.