142 Fontane Blätter 115 Dossier: Fontanes Fragmente. Fortsetzung Auch in diesem Fall lässt sich anhand dieser Daten das Phänomenpostulat aus dem vorhergehenden Abschnitt erhärten: In den publizierten fiktionalen Prosa-Werken werden deutlich häufiger lokale und temporale Adverbien verwendet als in den unpublizierten Fragmenten. Ergänzend zur Verwendung von Pronomina Schließlich zeigt das Diagramm(Abb. 8) – wiederum für die publizierten fiktionalen Prosa-Werke(blauer Kasten rechts) und für die langen unpublizierten fiktionalen Fragmente(roter Kasten links) – die relative Häufigkeit von Pronomen in den insgesamt 6 Personen(3 Singular und 3 Plural). Beobachten lässt sich hier eine erhöhte Häufigkeit der Verwendung von Pronomen in der 3. Person Singular in den unpublizierten Fragmenten, was möglicherweise auf einen spezifischen Gestus des Textsubjekts der Fragmente gegenüber den Figuren hindeutet. Hier aber stehen weitere, insbesondere auch qualitativ-interpretative Untersuchungen noch an. 4. Resümee Wir haben gezeigt, dass die quantitative, auf der Ähnlichkeit von Worthäufigkeitsverteilungen basierende Clusteringmethode der Stilometrie in der Lage ist, die unpublizierten Fragmente(nahezu) eindeutig von den publizierten Prosa-Werken Fontanes zu unterscheiden – dass es also identifizierund quantifizierbare textuelle Eigenschaften geben muss, die das Korpus der ›unvollendeten‹ Arbeiten von den ›vollendeten Werken‹ unterscheidet. Ausgehend von diesem Befund haben wir im Zuge einer kontrastiven Analyse jene Wörter betrachtet, in denen sich die beiden Gruppen am prägnantesten unterscheiden. Diese Wörter haben wir merkmalsbasiert zu Gruppen zusammengefasst und im Zuge dessen als Indikatoren für spezifische ›Phänomene des Vollendeten‹ respektive des ›Unvollendeten‹ gedeutet. Einige dieser Phänomene haben wir abschließend noch einmal vertieft betrachtet. Im sehr vorläufigen Ergebnis haben wir einen im Präteritum sich zeigenden narrativen Gestus, einen kolloquialen Stil sowie ein diegetisches Schreiben als ›Phänomene des Vollendeten‹ identifiziert, hingegen das Entwurfspräsens, die Metanarration und explizite Entwurfsmarker als ›Phänomene des Unvollendeten‹. Die Ergebnisse wären in Anschlussstudien sowohl quantitativ-algorithmisch weiter auszudifferenzieren als auch qualitativ-hermeneutisch zu konkretisieren und zu kontextualisieren. Auf diese Weise könnten auch weitere Grundlagen erarbeitet werden für das, was man schließlich als eine quantitativ-genetische Narratologie 21 bezeichnen könnte.
Heft
(2023) 115
Seite
142
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