Georg Friedlaenders Aus den Kriegstagen 1870 D'Aprile 89 Theodor Fontane an Wilhelm Hertz, 26. August 1886, Deutsches Literaturarchiv Marbach Tatsächlich zeichnet sich Friedlaenders Erinnerungsbericht durch zahlreiche Merkmale aus, die wir auch aus Fontanes autobiografischen Kriegsbüchern kennen und schätzen. Durchaus nicht frei von zeitüblichen Nationalstereotypen(diese sind sogar präsenter als bei dem»Altfranzosen« Fontane 13 ), schildert Friedlaender die Kriegswirklichkeit ohne falschen Heroismus und ohne chauvinistische Großsprecherei. Die Gräuel des Krieges werden nicht verschwiegen, aber zugleich werden immer wieder Formen der kooperativen Alltagspraxis, der gegenseitigen Nothilfe und der Solidarität über die Fronten hinweg sichtbar gemacht. Auch die Stimmen der französischen Kriegsgegner kommen ausführlich zu Wort. Durchgehend wird in Friedlaenders Erinnerungen das Dialogische und die menschliche Kommunikationsfähigkeit der sprachlosen Gewalt der Waffen gegenübergestellt. An einer Stelle beklagt er ausdrücklich die sich aus»Sprachunkenntnis« ergebende»Rücksichtslosigkeit«. 14 Und wie bei Fontane wird die Gewaltsituation durch kulturhistorische Exkurse und humoristische Anekdoten humanisiert. Auch eine Apothekeranekdote erzählt das Buch, die
Heft
(2023) 116
Seite
89
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