Heft 
(2023) 116
Seite
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Fontane und der»Bruderzwist im Hause Mann« Erler 137 Heinrich im Foyer eines Varietés in München und wurde einer Frau von solcher Schönheit vorgestellt, daß sie geradezu als Schock wirkte.« Es ist kein Geheimnis, dass Heinrich Mann, der übrigens sehr herzliche Bindun­gen an seine Mutter Julia und an seine Schwester Carla hatte, nach der Trennung von Ines Schmied zu einer ganzen Reihe seinerzeit prominenter Künstlerinnen Beziehungen unterhält, die teils erotischer Natur sind, teils aber auch in die reine Arbeitssphäre gehören. Von 1910 bis 1913 probiert er sich zum Beispiel als Dramatiker aus und schreibt ein paar Stücke für Tilla Durieux, die damals die Frau seines Verlegers Paul Cassirer ist. Im August 1914 schließt Heinrich Mann seine erste Ehe. Er heiratet die aus Prag stammende jüdische Schauspielerin Maria Kanová, im Familien­jargon Mimi genannt. 1916 wird die Tochter Leonie geboren, das einzige Kind Heinrich Manns. Die Verbindung ist nicht sonderlich haltbar. Hein­rich Mann trennt sich 1928 von Mimi, die nach der Scheidung um 1930 in die Tschechoslowakei zurückkehrt. Und Mimi, Heinrich Manns geschiede­ne Frau, überlebt während der Naziokkupation fünf Jahre im Konzentrati­onslager Theresienstadt, stirbt aber bald nach der Befreiung. Klaus Mann, der Sohn von Thomas, erlebt als Offizier der US-Armee im Mai 1945 Mimis Erlösung aus dem Todeslager mit und bringt die halb Gelähmte nach Prag. Tochter Leonie heiratet später den tschechischen Autor und Regisseur Ludvík Aškenazy und emigriert nach den Prager Ereignissen von 1968 mit den beiden Söhnen Jindrich und Ludvik in die Bundesrepublik. So kommt es um dieses tragische Schicksal noch um eine banale Tatsache zu ergän­zen, dass der Aufbau-Verlag für die Weltrechte an Heinrich Mann in har­ter Währung, sprich in DM zahlen muss bis es den Herren Enkeln gefällt, Aufbau die Rechte am Werk des Großvaters gerichtlich abzunehmen und zu Fischer nach Frankfurt am Main zu geben(wonach es um Heinrich Mann editorisch ruhig wurde!). An dieser Stelle drängt sich mir die Erinnerung an Leonie Manns Beer­digung 1986 auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof auf: Die Trauergemeinde für Heinrich Manns damals in Westberlin lebender Tochter bestand, den Pfarrer abgerechnet, aus zwei Ostberlinern: Ulrich Dietzel von der Akade­mie der Künste der DDR und Gotthard Erler vom Aufbau-Verlag, die beide für die Trauerfeier eigens ein Visum für die»besondere politische Einheit Westberlin« erhalten hatten. Wir drei standen über eine halbe Stunde an der Kapelle herum, bis endlich die Enkel auftauchten, sehr salopp gekleidet und in weißen Turnschuhen! 1986, Zehlendorfer Waldfriedhof, unver­gesslich. Doch zurück in die zwanziger Jahre. Als die Ehe mit Mimi brüchig ge­worden war, gab es eine Liaison Heinrich Manns mit dem damaligen Berli­ner Star Trude Hesterberg, die 1928 die Hauptrolle in seinem Stück Bibi spielt. Und bald darauf wird Heinrich Manns Name mit dem der Marlene Dietrich zusammen genannt. Josef von Sternberg macht 1930 aus Heinrich