Heft 
(2024) 117
Seite
77
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Fontanes Militärzeit Druschke 77 uns Fontane in seiner Autobiographie über seinen Hauptmann erzählt, würden wir diesem wohl keine weitere Militärkarriere zugetraut haben. Doch war dem nicht so: In Gorszkowkis regimentsgeschichtlichem Werk finden wir in der bereits erwähnten Abgangs-Liste 65 für das Jahr 1847(un­ter lfd. Nr. 224) vermerkt, dass der»Hauptm. Frhr. von Schleinitz« als»Ma­jor zum 2. Garde-Landwehr-Regiment versetzt« wurde. Und einem Wikipe­dia-Artikel zu Emil von Schleinitz entnehmen wir seine Lebensdaten (1800–1885) sowie seinen weiteren Aufstieg bis zum Oberst und seine Ver­setzung in den Ruhestand(1865) als Generalmajor. 66 Zurück zu Fontanes Kompaniechef: Der Hauptmann unterstützte nach Fontanes Darstellung sein Urlaubsgesuch für die 14-tägige Englandreise, die er auf Einladung und in Begleitung seines Freundes Hermann Scherz vom 25. Mai bis 10. Juni 1844 unternahm. Unklar ist allerdings, ob sich ­Fontane zur Genehmigung des Urlaubs zum Regiments- oder zu seinem Bataillonskommandeur begab. Er selbst bezeichnete den Genehmigenden nur als»Oberst«. Diesen Dienstgrad führte im Jahre 1844 der Regiments­kommandeur Ferdinand von Hirschfeld(1792–1863). 67 Ob sich jener tat­sächlich in Fontanes Kaserne aufhielt, so dass dieser ihn binnen 15 Minuten aufsuchen konnte(»Es ist jetzt dreiviertel, und bis vier ist er da. Machen Sie, daß Sie hinkommen«), 68 ist zumindest zweifelhaft. Höchstwahrscheinlich hatte der Regimentskommandeur seine Diensträume in der Kaserne des I. Bataillons(Kommandantenstraße), und diesen Weg innerhalb einer Vier­telstunde zu Fuß zurückzulegen, wäre schon sehr sportlich. Vielleicht blieb also Fontane doch mehr Zeit, oder aber er musste lediglich zu seinem Batail­lonskommandeur; als solcher fungierte vielleicht noch Oberst von Wnuck, falls dieser zu jenem Zeitpunkt noch nicht in Weichselmünde war. Oder ver­hielt sich doch alles ein bisschen anders, als es uns Fontane in seinen Alters­erinnerungen erzählt? Er hat auch im Tagebuch seiner ersten englischen Reise 69 dazu Ausführungen hinterlassen, die eher glaubhaft sind, weil sie die unmittelbare Niederschrift des kurz zuvor Erlebten darstellen. Fontane schrieb:»[] mehr denn ruhig schlich ich zwölf Stunden später von der Königswache in meine Wohnung. Hier galt es, sich aufzurappeln, um, von Pontius zu Pilatus trabend, den erforderlichen Urlaub zu erlangen. Die Be­harrlichkeit siegte[]« Wie dem auch sei; Fontane erhielt bekanntlich den Urlaub nach seiner späteren Darstellung mit dem»schlagenden« Argu­ment»[] ganz ohne Kosten, alles umsonst. Und so was ist doch so sel­ten...« 70 Dies konnte durchaus auch bei höheren Militärs Sympathien her­vorrufen, denn deren Besoldung war alles andere als üppig somit ist das zumindest nicht ganz unwahrscheinlich. Dass Fontane diesen Urlaub überhaupt erhielt, ist schon eher erstaunlich, denn Witzleben schreibt zu diesem Thema:»Urlaub kann den 1jährigen Freiwilligen nur nach Vollen­dung ihrer primitiven militairischen Ausbildung, und nicht länger als an­deren Soldaten, ertheilt werden. Der Freiwillige ist aber anzuhalten, in sol-