Schmalhansküchenmeisterstudien versus Petitionsschriftstellerei Parr 131 Schillerstiftung und noch stärker die Zweigvereine von selbst schriftstellerisch tätigen Personen; beide waren insofern also zumindest indirekt auch berufsständische Organisationen. Einer solchen entspracht dann nicht zuletzt auch die Praxis, den Witwen und Kindern verstorbener Schriftsteller in Notlagen zu helfen, was gegen Ende des Jahrhunderts dann auch der Deutsche Schriftsteller-Verein(ab 1885) und der Deutsche Schriftsteller-Verband (ab 1887) zu ihren Zielen erklärten. Der Berliner Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung wurde 1855 von Theodor Fontanes Freundeskreis Rütli ins Leben gerufen und in der Folge sukzessive weiter ausgebaut. Er»hatte bis zu 200 Mitglieder und gehörte auch hinsichtlich seines Vermögens und seiner Leistungen zu den größten Filialen der Deutschen Schillerstiftung von 1859. In den Jahren bis 1898 hat er etwa 400 Schriftsteller aus Berlin und Brandenburg und deren Angehörige mit einer Summe von insgesamt 60.000 Mark unterstützt. Darüber hinaus wurde im gleichen Zeitraum ein Vermögen von nochmals fast 60.000 Mark aufgebaut und ein Betrag von 34.000 Mark an die Zentralkasse abgeführt.«(Rückumschlag) Bei der Tatsache, dass Theodor Fontane 43 Jahre lang im Berliner Zweigverein engagiert war(ab 1873 auch als Vorstandsmitglied) und in vielfältiger Weise an den Entscheidungen über die Vergabe von Geldern beteiligt war, setzt das Hauptinteresse des nun von Lothar Weigert und Klaus-Peter Möller vorgelegten Bandes an. Er füllt die Forschungslücke der wegen der komplizierten Quellenlage bisher nur punktuellen Beschäftigung mit Fontanes Tätigkeit im Berliner Ableger der Deutschen Schillerstiftung dadurch, dass das erreichbare Material umfassend präsentiert, durch vorwiegend biografische Fallstudien gestützt und in Form einer Reihe von Studien zur Geschichte, Entwicklung, Trägerschaft und Organisation sowie zu den Aktivitäten und den»Destinatären des Berliner Zweigvereins« ausgewertet wurde. Ergänzt wird der Band durch ein Kapitel zum durch das Deutsche Kaiserhaus vergebenen Schillerpreis(S. 497–496), der oftmals mit den Donationen der Deutschen Schillerstiftung verwechselt wird und daher zu Recht Berücksichtigung gefunden hat. Dies zumal, da auch Theodor Fontane diesen Preis erhalten hat, wenn auch als eine Art Notlösung, sollte der Preis doch eigentlich an Bühnenschriftsteller vergeben werden, über die für 1890/91 aber keine Einigkeit erzielt werden konnte. Ein voluminöser Anhang mit einem umfangreichen Quellen- und Literaturverzeichnis sowie zahlreichen Dokumenten(S. 537–704), die nun für weitere Forschungen einfach zu erreichen sind, schließen den Band ab. Die Verfasser selbst sprechen an verschiedenen Stellen von ihrem Buch als»Forschungsbericht«(S. 37), was dann irreführend ist, wenn man darunter lediglich die systematische Darstellung bereits vorhandener Sekundärliteratur versteht, die auf wenigen Seiten bereits zu Beginn der Einleitung abgehandelt wird. Gemeint ist mit dieser Selbstetikettierung wohl
Heft
(2024) 117
Seite
131
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