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Die Orgelfrage / beantwortet von Rabbiner I. Nobel in Halberstadt
Entstehung
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Jahres die von Mustkakkorden getragene Herzenshebe der Gemeinde, ihr Gebet, ihre Huldigung, ihre Seelenfreude und ihr Seufzer nur durch die Hand eines Nichtjuden emporgehoben werden kann. Und eine solche das jüdische Selbstbewußtsein niederdrückende Handlung sollte die Gehobenheit des jüdischen Gottes­dienstes bedeuten? Man setze doch den Fall, es käme im christlichen Kultus eine Art Gottesverehrung in Frage, deren Ausführung nur durch die Hand eines Nichtchristen eines Juden möglich wäre, und frage sich: was würden die Christen und die Wäch­ter der christlichen Kirche dazu sagen!

Doch das sind subjektive Betrachtungen, und ich möchte mir das Recht solche anzustellen erst dadurch erwerben, daß ich es versuche einige zum Gegenstände gehörige sachliche Momente anzuführen.

Die Orgel ist ihrer ganzen musikalischen Wirkung, sowie ihrer geschichtlichen Entwickelung nach ein aus­gesprochen christliches Instrument und beherrscht in souverän tonangebender Weise den Gemeindegesang in der Kirche.

Im vorchristlichen Zeitalter *) diente die Orgel vorzugsweise weltlichen Zwecken. Das christliche Abendland verpflanzte sie an heilige Stätten. Durch Jahrhunderte langen heiligen Dienst ist sie so recht das Instrument des christlichen Gottes­hauses geworden." (Zimmer, die Kirchenorgel u. s. w. S. 89.)

Schon aus diesem Grunde befähigt der Ton die Orgel dazu allein Kircheninstrument zu bleiben. Sie verließ daher das profane Leben und

*) Als Erfinder der Wasserorgel (organum hydraulicum) wird Klesibios (170 v. d. ü. Z.) genannt.