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Die Orgelfrage / beantwortet von Rabbiner I. Nobel in Halberstadt
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Der Mann sagte: ich stimme für die Orgel, doch unter der Bedingung, daß gleichzeitig die Thürme de» Tempels mit Glocken versehen werden; entweder Sy­nagoge oder Kirche, nur kein Concertsaal! Hierin, das muß man sagen, liegt wenigstens Konsequenz.

Die Orgelfreunde scheuen sonst auch bedenkliche Konsequenzen nicht. Das haben sie zur Zeit Cho- riners gezeigt, zu jener Zeit, als sie noch darauf aur- gingen, ihre Behauptungen mit den aus dem ha- lachischen Schriftthume geholten Gründen zu stützen. Da begegnen wir z. B. in dem bekannten Buche*) Pixel w» einer Argumentation merkwürdiger Art. Die­selbe stützt sich auf ein Gutachten des R. J. Kolon (lebte i. I. 5240 in Savoyen) und zieht zum Schluffe eine Konsequenz, die ungefähr so lautet:So gut, wie es uns in unserer modernen Zeit erlaubt ist, einen Salonfrack zu tragen, so ist es uns auch er­laubt eine Synagogenorgel einzurichten."

Die seitherigen Versuche die Statthaftigkeit der Orgel in der Synagoge zu motiviren haben nur dem Obigen ähn­liche Gründe zu Stande gebracht. Es wird behauptet: die Orgel hat gar nicht den specifisch gottesdienstlichen Charakter eines nichtjüdischen Bekenntnisses, sie ge­hört nicht zum kirchlichen Kultus, sondern zur kirch­lichen Ornamentik, sie ist, wie jedes Musikinstrument ein Mittel zur Hebung und Verschönerung der Vokal­musik und es können ja auch im Salon Orgelroncerte gegeben werden; die Orgel muß also dem Juden ge­stattet sein so gut wie nun wie der Salonfrack!

Ich habe hierauf zu erwiedern: Gesetzt, es wäre nicht dur ch den objectiven Sachverhalt und nicht durch

*) Wie bereits erwähnt, wurden die in diesem Buche aufgestellten Behauptungen vom Verfasser vollinhalt­lich widerrufen.