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im 16. Jahrhundert ist diese glorificirte Schöpferin der Orgel vielfach Gegenstand künstlerischer Darstellung geworden. An der Spitze derselben ist zu nennen das klassische Gemälde Rafael's in der Pinakothek zu Bologna und im Anschlüsse an dasselbe, die in der Gallerie zu Dresden befindliche Halbfigur der orgelspielenden Cacilia von Dolci. Die Attribute der „heiligen Cacilia" sind die Palme des Martyriums und die Orgel. —
Man wird nun sagen: Das sind legendäre Erzählungen, die allenfalls der Phantasie der Dichter und Künstler willkommenen Stoff geboten haben mögen, die aber in der in Frage stehenden Sache nichts beweisen.
So? Wir meinen hingegen: Die Christenheit konnte die Orgel gar nicht deutlicher und wirksamer als ihr spezifisches Eigenthum erklären, als indem sie um die Wiege derselben ihre Legenden webt, als indem sie das ganze Werden derselben in den Glorienschein christlichen Martyriums hüllt. Daß aber die christlichen Musikfreunde der Jetztzeit sich zu derselben Ansicht bekennen, das beweisen die „Cäcilienvereins", die in diesen Kreisen entstehen. Ich nenne blos die den Namen „Cäcilia" tragenden Vereine in Breslau (seit 1893), in Regensburg (seit 1874) und in New-Aork (seit 1877). Die Tendenz dieser Vereinsbestrebungen bekundet es laut: Die Orgel ist ein christlich kirchliches Instrument, und sie soll es bleiben. —
II. Unzweifelhaft macht das Orgelspiel auf einen sehr großen, ja auf den größten Theil der Juden den Eindruck eines musikalischen Hilfsmittels, das einem nichtjüdischen, das dem christlichen Kultus entlehnt, von der Kirche in die Synagoge verpflanzt ist.