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Die Orgelfrage / beantwortet von Rabbiner I. Nobel in Halberstadt
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legen und mir sagen: guod erat demonstrandum. Oder kann es außer demerlaubt" oderverboten" noch ein drittes geben? Giebt es außer dem streng halachischen Standpunkt, noch einen andern minder schroffen Standpunkt der Opportunität, von dem aus, unter Berücksichtigung dieser und jener einmal in jetziger Zeit liegenden Umstände oder zu befürchten­den Folgenübel, die Frage der Orgelsynagoge nicht apodyktisch zu verneinen wäre? Nun, wer die Ge­schichte der auf kultuellem Gebiete geschloffenen Kom­promisse kennt, der weiß es, daß gerade diese Kom­promisse für die ganze Autorität des jüdischen Re­ligionsgesetzes die übelsten Folgen hatten. Noch immer hat es sich gezeigt, daß es auf der schiefen Ebene der Religionspolitik-keinen Halt und keine Norm gebe, die der Begehrlichkeit auf der einen, und der eigenmächtigen Nachgiebigkeit auf der anderen Seite eine feste Grenze setzen könnte. Wo das Gesetz weicht, da tritt die Gesetzlosigkeit an seine Stelle. Wo über erlaubt und verboten nicht das Thora­wort und seine von Gott berufenen Interpreten, nicht Thorageist und mehrtausendjährige Tradition, sondern die menschliche Erfahrung von gestern und die menschliche Rücksicht auf morgen entscheiden oder mit entscheiden, wo diese in Israels Gesetzesmauer Bresche legen und in seinen Gotteshäusern Hinter- thüren öffnen, da zieht ein fremder Geist ein, da verbirgt sich Gottes Angesicht vor der Menschenrück­sicht, die Gotteslehre weicht der Menschenehre und der Gottesdienst wird zum Menschendienst.

O, wer gäbe doch, daß wir heute einen Samson Rafael Hirsch besäßen, der, wie er es sein Lebenlang gethan, diese Wahrheit mit aller Macht der innern