Strategisches Personalmanagement 35
Im strategischen Sinne einer Schwerpunktbildung sollte, da von ihm ein asymmetrischer Einfluß auf die Sozialbeziehungen in der Unternehmung ausgeht, wie gezeigt wurde, mit dem strategischen Personalmanagement für die Führungsgruppe in der Unternehmung begonnen werden. Strategisches Personalmanagement greift hier unmittelbar in alle Facetten eines Führungskonzeptes der Unternehmung ein und bedarf der engen wechselseitigen Abstützung von Personalund Führungsverantwortlichen und der Personalentwicklung(vgl. D. Wagner).
Alle fünf Aufgaben eines strategischen Personalmanagements erfüllen schließlich die gleiche Funktion: sie tragen im strategischen Sinne zu einer Schwerpunktbildung bei, indem sie die Verhaltensvarietät im System Unternehmung reduzieren. Damit schaffen sie Orientierung und Akzeptanz, indem sie die an sich objektiv gegebene systematische Komplexität und über die Dynamik produzierte Unsicherheit subjektiv tragbarer machen. Über diese Entlastungsfunktion sollte es in arbeitsteilig organisierten Sozialsystemen leichter werden, Konsens zu erzielen, Kooperation zu fördern, Aktionen substantiell auf strategisch Relevantes zu lenken und im Symbolischen mit gleichgerichteten Bildern kritische Massen des Interesses und der Bereitschaft zum synergetischen Handeln als Voraussetzung für strategische Durchbrüche zu erzielen. Dabei darf jedoch auch eine mögli-che Dysfunktionalität dieser Reduktionsleistung nicht übersehen werden: Perzeptionen und Präferenzen können sich einengen und zum Verlust relevanter Informationen im System führen, was letzt-lich die Kapazität zur Beherrschung des Wandelns einschränken kann. Hier einen Ausgleich zu finden, könnte als Metaaufgabe eines strategischen Personal- und Organisationsmanagements thematisiert werden.
Als nicht unwesentlicher Effekt mag sich über dem Weg der dargestellten Perspektivenerweiterung des strategischen Personalmanagements eine Entlastung der Führung einstellen: zielkonforme, konsensierte Kooperation, die sich aus strategie- und struktur-harmonisierten Unternehmungskulturen entwickelt, verlagert das Gewicht von der operativen Lenkung von„day-to-day operations“ auf die ziel- und strategiebezogene Gestaltung von Rahmenbedingungen für die Evolution des sozio-technischen Systems Unternehmung, lenkt deren Augenmerk auf das Wesentliche der Führungsaufgabe, baut Bürokratisches einer tiefgestaffelten„Palast“-organisation zugunsten einer abgeflachten dezentralen„Zelt“organisation ab(Bo Hedberg), betont statt dessen ablaufbezogen Vernetztes in mehrdimensionaler Sicht. Die Managementkapazität dürfte in diesem Wechsel eines Führungsverständnisses zum Strategischen hin nichts weniger als einen qualitativen Quantensprung erleben. Bieten diese denkbaren Wirkungen nicht eine lohnende Perspektive für die Entwicklung eines strategischen Verständnisses der Rolle von Führung in sich entwickelnden sozio-ökonomischen Systemen?