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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Strategisches Personalmanagement 35

Im strategischen Sinne einer Schwerpunktbildung sollte, da von ihm ein asym­metrischer Einfluß auf die Sozialbeziehungen in der Unternehmung ausgeht, wie gezeigt wurde, mit dem strategischen Personalmanagement für die Führungs­gruppe in der Unternehmung begonnen werden. Strategisches Personalmanage­ment greift hier unmittelbar in alle Facetten eines Führungskonzeptes der Unter­nehmung ein und bedarf der engen wechselseitigen Abstützung von Personal­und Führungsverantwortlichen und der Personalentwicklung(vgl. D. Wagner).

Alle fünf Aufgaben eines strategischen Personalmanagements erfüllen schließ­lich die gleiche Funktion: sie tragen im strategischen Sinne zu einer Schwer­punktbildung bei, indem sie die Verhaltensvarietät im System Unternehmung re­duzieren. Damit schaffen sie Orientierung und Akzeptanz, indem sie die an sich objektiv gegebene systematische Komplexität und über die Dynamik produzierte Unsicherheit subjektiv tragbarer machen. Über diese Entlastungsfunktion sollte es in arbeitsteilig organisierten Sozialsystemen leichter werden, Konsens zu erzie­len, Kooperation zu fördern, Aktionen substantiell auf strategisch Relevantes zu lenken und im Symbolischen mit gleichgerichteten Bildern kritische Massen des Interesses und der Bereitschaft zum synergetischen Handeln als Voraussetzung für strategische Durchbrüche zu erzielen. Dabei darf jedoch auch eine mögli-che Dysfunktionalität dieser Reduktionsleistung nicht übersehen werden: Perzeptio­nen und Präferenzen können sich einengen und zum Verlust relevanter Informa­tionen im System führen, was letzt-lich die Kapazität zur Beherrschung des Wandelns einschränken kann. Hier einen Ausgleich zu finden, könnte als Me­taaufgabe eines strategischen Personal- und Organisationsmanagements thema­tisiert werden.

Als nicht unwesentlicher Effekt mag sich über dem Weg der dargestellten Per­spektivenerweiterung des strategischen Personalmanagements eine Entlastung der Führung einstellen: zielkonforme, konsensierte Kooperation, die sich aus strategie- und struktur-harmonisierten Unternehmungskulturen entwickelt, ver­lagert das Gewicht von der operativen Lenkung vonday-to-day operations auf die ziel- und strategiebezogene Gestaltung von Rahmenbedingungen für die Evo­lution des sozio-technischen Systems Unternehmung, lenkt deren Augenmerk auf das Wesentliche der Führungsaufgabe, baut Bürokratisches einer tiefgestaf­feltenPalast-organisation zugunsten einer abgeflachten dezentralenZeltor­ganisation ab(Bo Hedberg), betont statt dessen ablaufbezogen Vernetztes in mehrdimensionaler Sicht. Die Managementkapazität dürfte in diesem Wechsel eines Führungsverständnisses zum Strategischen hin nichts weniger als einen qualitativen Quantensprung erleben. Bieten diese denkbaren Wirkungen nicht eine lohnende Perspektive für die Entwicklung eines strategischen Verständnis­ses der Rolle von Führung in sich entwickelnden sozio-ökonomischen Systemen?