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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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sie selbst die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Einzelfall durchsetzen. In einem demokratischen Rechtsstaat, zumal in einem Bundesstaat mit Selbstver­waltung in den Kommunen und in den Sozialversicherungsträgern, mit Gewerk­schaften, Parteien und weiteren Vereinigungen haben die Bürger noch eine Fülle von Einflußmöglichkeiten, die eine Demokratie ausmachen und mit Leben erfül­len.

Die Idee der Mitbestimmung überträgt diese demokratischen Prinzipien und Möglichkeiten in die Wirtschaftsgesellschaft und ihre Einheiten, in die Betriebe, Unternehmen und Konzerne. Das scheint, mindestens auf den ersten Blick eine schwierige und widerspruchsvolle Bemühung zu sein. Geht es doch in der Wirt­schaft darum, möglichst rasch und mit einem gegebenen, möglichst geringen Einsatz möglichst viel Ertrag zu erzielen, Werte zu schaffen, Bedürfnisse zu be­friedigen, und nicht zuletzt, Gewinn zu erzielen. Gewinnstreben ist ein starker Motor für Unternehmer und für Leute, die bereit sind, ihr Kapital einzusetzen.

In vordemokratischer Zeit wurde auch jeder Einfluß, der nicht dem Prinzip wirt­schaftlichen Strebens entsprach, als sachfremd ferngehalten. Nur die Kapitalge­ber und ihre Vertreter konnten Plan- und Zielvorgaben machen; sie bestellten ihre Exekutiv- und Kontrollorgane, Vorstand oder Geschäftsführung und den Aufsichtsrat. Man ignorierte denFaktor Arbeit. Man ignorierte den Grund­satz der katholischen Soziallehre, daß jemand, der zum gewinnbringenden Ein­satz seines Kapitals auf Gehilfen angewiesen ist, mit diesen die Bedingungen für ihren Einsatz aushandeln muß(Nell-Breuning), ihm Einfluß auf die Entschei­dungen geben muß, die ihn als Arbeitnehmer in seinem Betrieb betreffen.

Die Arbeiter und Angestellten bringen in die Betriebe ihre eigenen Interessen und Wünsche, ihre Sorgen, Probleme und auch ihre Freuden mit ein. Die geben sie nicht beim Betreten des Betriebs ab; die lassen sich zwar während der Arbeit weitgehend verdecken oder verdrängen. Gleichwohl wirken sie in den Menschen fort, bestimmten ihr Handeln. Auch sie wollen ihre Arbeitskraft und ihren Zeit­und Mitteleinsatz möglichst gewinnbringend nutzen. Sie wollen sich auch nicht nach einem Vierteljahrhundert treuen Dienstes mit 50 Jahren zum alten Eisen werfen lassen. Sie wollen die Chance haben, auch interessantere, ihren Fähigkei­ten entsprechende Aufgaben zugewiesen zu bekommen, die ihnen dann mehr Ansehen, Entfaltungsmöglichkeiten und ein höheres Einkommen einbringen.

Schon die moderne Betriebswirtschaftslehre sieht den Schlüssel zum betriebli­chen Erfolg nicht in der Maximierung des Gewinns und in der maximalen Aus­nutzung der eingesetzten Menschen und Arbeitsmittel. Auf längere Sicht arbeitet der Betrieb am wirtschaftlichsten, der nicht nur das eingesetzte Kapital gut be­dient, sondern auch den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen gerecht wird. Maschinen und technische Anlagen können grundsätzlich pausenlos produzie­ren, Menschen nicht. Man kann hochtechnisierte Apparate weitgehend fehler­