Arbeitsdirektor 87
frei funktionieren lassen; Menschen aber machen immer wieder Fehler. Selbst die„toten“ Apparate bedürfen der Pflege; Menschen— auch die, die uns als Lieferanten von Arbeitsleistung begegnen— bedürfen eines Mindestmaßes an menschlicher Zuwendung. Die Arbeitsumwelt und die Arbeitsbedingungen müssen menschengerecht sein.
III Ebenen der Mitbestimmung
Der einzelne Arbeitnehmer im Betrieb, auch der in leitenden Funktionen, braucht gesicherte Rechte. Was ihm zukommt an Entgelt, an Urlaub, an Freizeit, muß er wissen. Seine Ansprüche muß er ohne Gefährdungen wahrnehmen und notfalls durchsetzen können. Das ist der individualrechtliche Teil, den ich auch in nicht demokratischen Gesellschaften„rechtsstaatlich“ regeln könnte. Auch Konflikte zwischen einzelnen Beschäftigten und mit Vorgesetzten lassen sich so noch regulieren. Anweisungen, die zur Erledigung der betrieblichen Arbeiten notwendig sind, einschließlich solcher, die aufgrund von Sicherheits- oder Gesundheitsvorschriften weiterzugeben sind, müssen prinzipiell ohne Debatte hingenommen und ausgeführt werden. Alles was darüber hinausgeht, ist zu verabreden. Und in Betrieben oder gar Unternehmen ab einer bestimmten Größe können solche Verabredungen nicht mit jedem einzelnen oder auf permanenten Volksversammlungen getroffen werden, sondern man braucht dafür legitimierte und möglichst sachkundige Repräsentanten, die das Vertrauen derer haben, für die sie tätig werden. Spätestens hier kommen Kriterien jener so mangelhaften Gesellschaftsordnung ins Spiel, die aber als einzige bekannte in der Lage ist, den Ausgleich zwischen widerstreitenden Interessen und Wertungen zu leisten; gerade weil sie unvollkommen und offen ist, entspricht sie den Menschen.
Die Betriebsräte werden in einem genau festgelegten Verfahren von den Arbeitnehmern gewählt. Sie arbeiten vertrauensvoll mit dem Arbeitgeber des Betriebs zu dessen und der Arbeitnehmer Wohl zusammen. Beide gemeinsam wahren die demokratischen Grundrechte der im Betrieb tätigen Personen und fördern die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Ein hoher Anspruch! Sie schließen miteinander Vereinbarungen ab, die alle im Betrieb Betroffenen binden, sie wie Gesetze— oder wie eine betriebliche Satzung— begünstigen und belasten können. Die praktischen Fragen des Betriebs werden zwischen den„Betriebspartnern“ pragmatisch abgesprochen.
Die Betriebsräte entsenden in das Vertretungsorgan der nächsten Ebene, in den Gesamtbetriebsrat, ihre Vertreter. Der Gesamtbetriebsrat versieht ganz entsprechende Aufgaben wie die Betriebsräte, gleichsam eine Etage höher, im Unternehmen. Der Vorgang wiederholt sich in Konzernen zwischen Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat; die Funktionen auf Konzernebene bauen auf denen der Unternehmens- und Betriebsebene auf, beeinflussen und ergänzen sie.