Druckschrift 
Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
Seite
93
Einzelbild herunterladen

Arbeitsdirektor 93

Es fehlte denn auch nicht an Vorschlägen und Forderungen der Gewerkschaften und auch aus SPD und CDU, hier vor allem betrieben von den Sozialausschüs­sen, die auf eine weitgehend einheitlich geregelte Unternehmensverfassung ohne die historisch gewachsenen Ungereimtheiten abzielten. Die Vorschläge und Mo­delle setzten sich vor allem mit folgenden Fragen auseinander:

Zusammensetzung der Aufsichtsräte, dabei das Verhältnis betrieblicher und externer Vertreter,

Berechtigung einer paritätischen Besetzung,

Beteiligung leitender Angestellter,

Wahlmodus, vor allem auch für die externen Gewerkschaftsvertreter, für die besonders die DAG ebenfalls die Wahl durch die Betriebsangehörigen for­derte, hierbei Sicherung des Gruppenrechts für Arbeiter und Angestellte,

Bestellung und Funktion des Arbeitsdirektors,

Kriterien für den gesetzlichen Geltungsbereich, z. B. nach Umsatzerlös, Kapi­talausstattung oder Arbeitnehmerzahl.

Erst die sozialliberale Koalition ging in der 7. Legislaturperiode mit der Regie­rungserklärung vom 18. 1. 1973 an die gesetzgeberische Realisierung. Dabei wollte die Regierungvon der Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit von Arbeitnehmern und Anteilseignern ausgehen. Die Regierung legte am 20. 2. 1974 einen Entwurf vor. Erst am 18. 3 1976 wurde nach viel Streit, vor allem auch innerhalb der Regierungskoalition, ein Gesetz daraus; es gab nur 22 Nein­Stimmen und 1 Enthaltung im Plenum des Bundestages!

Ein umfassendes Gesetz für eine Unternehmensverfassung, auch nicht mit einer Zusammenfassung der diversen Mitbestimmungsregelungen, ist das wieder nicht. Neben den drei Gesetzen mit Regelungen der Aufsichtsratsbesetzung und neben den zwei, die aucheine Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Vor­ständen vorsieht, gibt es nun ein weiteres für 5 Gesellschaftsformen ab einer Arbeitnehmerzahl über 2000. Damit haben alle sog. Großunternehmen und alle Montangesellschaften einen Arbeitsdirektor.

Und der Arbeitsdirektor nach dem Gesetz von 1976 wird wieder nach einem etwas anderen Modus bestellt: im ersten Wahlgang soll für jedes Vorstandsmit­glied die 2/3Mehrheit erreicht werden; wird die verfehlt, genügt in einem zwei­ten Wahlgang auf Vorschlag eines Vermittlungsausschusses die absolute Mehr­heit. Wird auch die nicht erreicht, gibt der Aufsichtsratsvorsitzende mit seiner Zweitstimme den Ausschlag.

4 Ein Ziel?

Die sozialistischen Theoretiker Fritz Naphtali und Karl Kautsky sahen bereits in der Wirtschaftsdemokratie, wie sie die Weimarer Verfassung vorgab,ein Sy­