210 Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich?
der Ableitung einer Durchschnittskurve dürfen selbstverständlich nur solche Arbeitnehmer zusammengefaßt werden, die ähnliche Arbeitszeiten anstreben, also z.B. bereit wären, 40 Stunden pro Woche(Normalarbeitszeit) zu arbeiten und nicht nur eine Halbtagsbeschäftigung suchen.
Die Kurve Ny der Abbildung 1, als Durchschnittskurve interpretiert, hat über das oben Gesagte hinaus auch noch die folgende Bedeutung: Sie zeigt, wie hoch der Lohnausgleich in Prozenten des entgehenden Lohnes sein muß, um eine bestimmte vorgegebene Arbeitszeitverkürzung zu erreichen. Dabei ist vorausgesetzt, daß die Arbeitnehmer individuell und frei über die Dauer ihrer jeweiligen Arbeitszeit entscheiden können. Dazu ein Beispiel: Es möge eine Arbeitszeitverkürzung von vier Stunden angestrebt werden. Den Arbeitnehmern wird ein Lohnausgleich in Höhe von L2% des entgehenden Lohnes geboten(s. Abbildung 1 Punkt A7 auf die Kurve N1, die jetzt die in der betrachteten Situation relevante Durchschnittskurve darstellen soll). Die Arbeitnehmer werden dann die jeweilige Dauer ihrer Arbeitszeiten so wählen, daß im Durchschnitt die gewünschte Arbeitszeitverkürzung von vier Stunden zustande kommt. Die Kurve N] in Abbildung 1'5 sei darum als Kurve des motivierenden Lohnausgleichs bezeichnet. Die Kurven N9(in den Abbildungen 1 und 2) zeigen an, welcher Lohnausgleich gewährt werden muß, um— im Durchschnitt gesehen— eine Nutzenschmälerung durch die Verkürzung der Arbeitszeit zu vermeiden. Sie seien dementsprechend Kurven des kompensierenden Lohnausgleichs genannt.
Es bedarf empirischer Untersuchungen, um in einem konkreten Fall Lage und Verlauf dieser Kurven und damit die Höhe der notwendigen Lohnausgleichszahlungen festzustellen. Eines allerdings ist klar ersichtlich: Ein voller Lohnausgleich würde die Betroffenen besser stellen, verglichen mit ihrer Lage vor der Arbeitszeitverkürzung. Ein 100%iger Lohnausgleich würde zugleich eine Benachteiligung für die bedeuten, deren Arbeitszeit nicht verkürzt wird bzw. nicht verkürzt werden kann.
3 Fortführung des Beispiels
Um die obigen Überlegungen auch zahlenmäßig zu veranschaulichen, sei das Beispiel in Abschnitt II. 2. fortgeführt. Erinnern wir uns: Die Kurven N2 in den Abbildungen 1 und 2 geben an, welcher Lohnausgleich erforderlich ist, um einen Nutzenverlust der Arbeitnehmer durch Arbeitszeitverkürzung zu verhindern.
Es sei angenommen, daß für die Arbeitnehmer der Art A eine(Durchschnitts-) Kurve des kompensierenden Lohnausgleichs gilt, wie sie in Abbildung 3 gezeichnet ist: Die optimale Arbeitszeit wird bei einer Arbeitszeitverkürzung von einer Stunde erreicht, beträgt also 39 Stunden pro Woche. Eine Verkürzung der Arbeitszeit um vier Stunden macht einen Lohnausgleich in Höhe von 40% des entgangenen Lohnes erforderlich, wenn ein Mindernutzen vermieden werden soll.
