232 Führungslehre— Abschied vom Modelldenken
Ungebrochen ist die wachsende Flut der Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Managementlehre und immer noch nehmen bei den Fortbildungsinstituten und im Bereich innerbetrieblicher Schulungsmaßnahmen Fragen der Führungstechnik, des Verhaltenstrainings und des optimalen Führungsstils einen breiten Raum ein.
Im Frühjahr 1985 hat Raidt in der Zeitschrift ‚Management-Wissen‘(Heft 2—4) eine„großangelegete Bestandsaufnahme von Führungs- und Organisationsmodellen“ vorgelegt. Er skizziert hier nicht weniger als 13 Management-by-Methoden und 35 Idealtypen des Führungsverhaltens neben den als„Standard der Organisation“ bezeichneten Organisationskonzepte wie Projekt-Management, Matrix-Organisation, Profitcenter-Prinzip usw.
Einige der hier vorgestellten Bücher erreichen Höchstauflagen, wie z.B.„Die Suche nach Spitzenleistungen“ von Peters/Waterman, von denen selbst Belletristikautoren nur zu träumen wagen.
Wenn man bei solchen Aufzählungen auch kritisch fragen muß, ob man wirklich einige durchaus lesbare Zeitschriftenaufsätze und Buchbeiträge unbedingt sofort zu„Führungstechniken“ hochstilisieren muß, so bleiben doch genügend ernsthaft vertretene Ansätze übrig, die bei aller Verschiedenheit doch eine Gemeinsamkeit aufweisen: Sie wollen Führungskräften zeigen, wie sie führen müssen, um Erfolg zu haben.
Auch wenn man sich nur auf die Anzahl der Darstellungen beschränkt, die sich selbst als Führungsstile oder Führungsmodelle bezeichnen, so bleiben doch noch zu viele übrig, als daß sich ein interessierter Vorgesetzter in diesem Labyrinth der verschiedenen, teils mit einem großen missionarischen Eifer vorgetragenen Heilslehren zurechtfinden könnte.
Eine seit vier Jahren laufende umfangreiche— jedoch noch nicht abgeschlossene— Untersuchung über die Effektivität und Umsetzbarkeit von Führungsmodellen, ergab als Zwischenergebnis, daß jeweils nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil der Anwender die mit dem Einsatz der jeweiligen Modelle angestrebten Ziele voll erreicht hat. Bei einem etwa gleichgroßen Anteil von Anwendern führte dies zu ausgesprochenen Fehlschlägen und Mißerfolgen, die teilweise die Existenzfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigten. Während bei der großen Masse nach einer verhältnismäßig kurzen Anlaufzeit, der Versuch, diese Führungsmodelle einzusetzen, entweder wieder aufgegeben wurde, weil die mit großer Euphorie begonnenen Maßnahmen nach kurzer Anlaufphase versandeten oder die ursprünglich„reine Lehre“ durch die Übernahme systemfremder Bestandteile anderer Ansätze ergänzt oder auf die Belange des Unternehmens zurecht geschnitten wurde.
Als Fazit wäre aus dieser Untersuchung zu ziehen, daß es sich bei Führungsmodellen wie mit einem Medikament verhält. Im Einzelfall, nach sorgfältiger Dia