388 Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre
I Zum Entwicklungsstand der Personalwirtschaftslehre
Eine Stellungnahme zum Stand und zu den voraussichtlichen Entwicklungstendenzen einer wissenschaftlichen Disziplin ist nur dann sinnvoll— um sie nicht von vorneherein dem Vorwurf der Beliebigkeit auszusetzen— wenn ein bestimmter Reifegrad, eine definierbare Ebene in der Herausbildung eines disziplinären Profils erreicht ist. Hierin hat die Personalwirtschaft gerade in den letzten zehn Jahren wesentliche Fortschritte gemacht. Als Indiz dafür kann dienen, daß in diesem Zeitraum eine ganze Reihe zum Teil recht umfassender Monographien zur Personalwirtschaftslehre erschienen sind!.
Offensichtlich haben die individuellen Positionen der personalwirtschaftlichen Fachvertreter eine gewisse Konsolidierung erreicht.
Die historische Entwicklungslinie bis zu dieser Profilierungsebene— von Gaugler als„der zweite Etablierungsschritt des Personalwesens als wissenschaftliche Disziplin im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre“ bezeichnet?— soll hier nicht nachgezeichnet werden?. Es soll vielmehr nur versucht werden, eine Kurzcharakteristik des gegenwärtigen Entwicklungsstandes der Personalwirtschaft zu geben, soweit dies für die Formulierung von Entwicklungstendenzen notwendig erscheint.
1 Die Basis: Ein System praxeologischer Aussagen
Konstitutives Merkmal der gegenwärtigen Situation, der wissenschaftlichen Disziplin Personalwirtschaft ist eigentlich etwas, was der Wissenschaftslogik widerspricht. Denn wenn die wissenschaftlichen Grundfunktionen der Beschreibung, Erklärung und Gestaltung in dieser Reihenfolge als vernünftiges Ablaufschema betrachtet werden, dann folgt das Gestaltungsbemühen der Theorieentwicklung nach. In der Personalwirtschaft aber scheint es genau umgekehrt zu sein, hier folgt die Theorieentwicklung den an die Praxis gewendeten Gestaltungsaussagen. Die Basis, der stabile Kern der wissenschaftlichen Disziplin Personalwirtschaft, ist nicht ein Set erklärungskräftiger Theorien, sondern ein sehr differenziertes System praxeologischer Aussagen. In den angesprochenen Lehrbüchern findet sich daher bei der Abhandlung des personalwirtschaftlichen Instrumentariums ein hohes Maß an Übereinstimmung trotz unterschiedlicher theoretischer Bezugsrahmen und Wertorientierungen der einzelnen Autoren.
Dies ist im Grund wenig verwunderlich, wenn man die Entwicklungsgeschichte der Personalwirtschaftslehre einbezieht, die durch eine ausgeprägt induktive Vorgehensweise gekennzeichnet ist(z.B. im Gegensatz zur Produktionstheorie). Die Orientierung an der Wirtschaftspraxis hatte nicht nur die Übernahme des personalwirtschaftlich definierten Problembestandes, sondern auch des dafür