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Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Provinz an der Spitze, was wohl mehr durch die starke polnische und jüdische, als durch die französische Einwanderung zu erklären ist.

Noch günstiger als nach dem Prozentsatz der rein brünetten Bevölkerung, ist das Bild, wenn man die Ergebnisse der Statistik über den rein blonden Typus zugrunde legt. Dann kommen von je 100 untersuchten Schulkindern aus die gesamte Provinz 2t40 4L Blonde, mit Ausnahme des Kreises Talau und der Stadt Berlin, in denen der Prozent­satz auf 2 s20 4L sinkt, wenn man im Auge behält, daß mit Ausnahme einiger olden- burgischer, schleswigscher und zweier pommerschen Kreise, in denen der Satz auf 2 s bis 54 4L steigt, ganz Nord- und Westdeutschland durchschnittlich 4150 4L Blonde zählt, dann kann man den Schluß schwerlich abweisen, daß der weitaus überwiegende Teil der brandenburgischen Bevölkerung rein deutscher Abstammung ist, und daß die slawischen Bruchteile nur schwach gewesen sein können oder vor der Kolonisation bereits stark mit deutschem Blut vermischt gewesen sein müssen.

Zu ähnlichen Ergebnissen führen die Untersuchungen der Augen. Braune Augen finden wir auf hundert Köpfe 6f- 4L in den Kreisen Talau, Tottbus, Sorau und in den Stadtkreisen Frankfurt, Berlin und Potsdam. Auffallend ist dabei der verhältnis­mäßig geringe Bestandteil der Braunäugigen in Beeskow-Storkow mit 2040 ^ und in dem mehr slawisch eingelagerten Spremberg mit 4ch60 4L. Zn der ganzen Provinz kommen durchschnittlich auf hundert Köpfe 3f45 4L mit braunem haar. Der Pro­zentsatz sinkt auf t530 4L in Westhavelland, Züterbog-Luckenwalde, Beeskow-Storkow, Guben, Oststernberg und Spremberg. Graue Augen weist die Statistik in den meisten Kreisen 4f50 ^ nach, die in den Kreisen Talau, Tottbus und Lübben auf 5 s60 4L steigen, in den Kreisen Beeskow-Storkow, West- und Osthavelland, Nieder- und Ober­barnim, Angevmünde, Königsberg und Soldin auf 3040 4L herabsinken.

Diese in ihren Zahlen unanfechtbaren statistischen Untersuchungen legen dar, daß die Herrschaft einer geschlossenen nichtdeutschen Bevölkerung in keinem Teile der Provinz besteht, daß dagegen die ganze linke Hälfte, zum Teil auch der Norden und der Süden nur mit Ausnahme des Kreises Talau entschieden dem deutschen Typus zu­neigen. Sie bestätigen in gewissem Sinne die alte Behauptung, daß bei ihrem Vordringen nach dem Westen die slawischen Völkerschaften noch Überbleibsel der germanischen Be­völkerung vorgefunden und sich mit ihnen vermischt haben, wäre das nicht der Fall, dann würden die vielen mythologischen Erinnerungen kaum zu erklären sein, die in den Lagen, den Gebräuchen, den Flurnamen usw. erscheinen. Sie werden um so mehr auf diese Frühzeit zurückgeführt werden müssen, als die spätere Kolonisationsbevölkerung an­scheinend durchaus christlich und ohne jeden altheidnischen Einschlag ist.

Wan muß also bei der Bevölkerung der Provinz einen langsam vorgehenden Ver­mischungsprozeß von Völkern annehmen, die nur zum Teil von grundverschiedener An­lage waren. Die deutschen Stämme, die im Zeitalter der Kolonisation hauptsächlich ver­treten sind, die Franken, Lachsen und Niederländer, haben diesen Vermischungsprozeß fortgesetzt und damit das Aufsaugcn etwaiger noch vorhanden gewesener slawischer Reste in den weitaus größten Gebieten der Provinz vollendet, was später noch im If7. und 18. Zahrhundert an fremdem Blute ins Land kam, ist dann gleichfalls aufgesogen worden. Nur im Äußeren kündet sich hin und wieder die Herkunft eines einzelnen aus Böhmen,