Der märkische Adel hat dem, auch stets seine Stellung zum Ausdruck zu bringen gewußt, weil Herkommen, Beschäftigung und die geistige Umwelt ihm eine soziale Prägung gaben, die im Grunde aus das Wohlwollen für die seinen Interessen am nächsten stehenden Bauern gerichtet war, die ihn aber häufig in einen Gegensatz zu dem Bürger - oder zu dem Landesherrn brachte. Sein Interessenkreis war nicht groß, aber in der Be- bauptung dieser Interessen ging er bis zum Äußersten, selbst bis zum Untergange. Der widerstand gegen den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg entsprang nicht zuletzt dem Empfinden des norddeutschen eckigen und selbstbewußten U lärkers gegen den seingebildeten, weichen und gedankenvollen, klugen Franken, dessen weitschauende, energische, unter Umständen auch nachgiebigere Art den Einheimischen als etwas völlig Fremdes erscheinen mußte, wie stark diese Anlage war, beweist die Tatsache, daß die im Gefolge der hohenzollern ins Land gekommenen Geschlechter, daß selbst die in einer völlig anderen Kultur erstarkten Familien, wie die Grafen von Lvnar, sich mit der Zeit ihr gänzlich einpaßten.
Auch der Bürger bat einen Teil dieser Eigenart an sich. Die Gleichheit der Gesinnung, der Arbeit und des Strebens einte zu einer Gleichartigkeit des Tharaktsrs. Indessen, die Berührung mit anderen, besonders der schon von Anfang an vorhandene Unterschied zwischen arm und reich, und dann weiter die vielfachen Differenzierungen in der Stellung, namentlich zwischen Kaufmann und Handwerker, waren doch einflußreich genug, einzelne Härten abzuschleisen. Und wo aus der anderen Seite das Selbstbewußtsein der einzelnen sich gar zu emsig gegen die Demokratisierung der Interessen sträubt, da werden Statuten und Gesetze geschaffen, um das Gegenwärtige möglichst in die weite Zukunft zu rücken. Denn der Städter ist schreiblustig; er schreibt aber nur, weil ihm dies vorteilhaft ist und nicht aus literarischem Bedürfnis. Er erkennt in der Schrift einen wichtigen Zeugen seines Handelns, denn „vni'AotunM m vvu müder der eirunde", (Bergessung ist eine Uiutter der Irrungen), wie es in echt volkstümlicher Klarheit des Berliner Stadtbuch am Ende des 14 . Jahrhunderts äußert. „80 uls tvv dal everll llebben von ^>odo vncle von deine Rade"') (wir haben unser Gewerk von Gott und dem Kate), bekundeten söös stolz und frei die Knochenhauer (Schlächter) von Berlin in einer Urkunde.
So ist aber jeder einzelne der alten Bürger geartet; er fühlt sich im Besitze eines Bruchteils der öffentlichen Ordnung oder — je nach den Umständen! — der Gewalt; er verbindet mit einem beharrlichen Fleiß und Tatendurst ein gut Teil Selbstbewußtsein, das vielfach nicht obne Erfolg mit dem der Junker konkurrierte. „Se wöllen junker sin," wird von den Gardelegener Brauern in einem alten Liede gesagt. Ihre geistigen Interessen reichen gleichfalls nicht über das Weichbild hinaus; selbst die Ratmannen, Bürgermeister, rechtskundigen Schöffen streben nicht weit über den dürren Sand ihrer Heimat hinweg, uni dafür um so mehr den gesunden Blick des Ulannes behalten, der das Leben kennt. Erst mit der Renaissance, die auch aus den Utauern der Städte so manchen Uiärker in die Fremde lockte, zog ein Geschlecht herauf, das wenigstens weiteren geistigen Aufgaben nicht ganz verschlossen gegenüberstand, das indessen wieder zur früheren An-
h Berlinische Urkunden, kcrausgegeben vom Verein f. d. Geschichte Berlins S. Sö.