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spruchslosigkeit zurückkehrte, als die Städte zu unmittelbaren Landstädten der Landesherren wurden. Für die städtische Intelligenz gab es dann nur noch ein Entwicklungsseid, wenn sie sich vom städtischen Boden losriß und am Hofe, im Dienste der Landesherren oder im Schatten einer Universität sich entfalten konnte.
Durchgehends ist der märkische Bürger ein Alaun von kräftigem, breitem Gliederbau, dessen Züge mehr kühnen Eigensinn als kluge Überlegung verraten. Auch die Frauen sind von einer herberen Weichheit als die der Geschlechter, wenn sie ihnen auch in den Fragen der geselligen Beweglichkeit und der ergebenen Duldsamkeit vielfach überlegen sind.
Der Städter bleibt mit seinen Interessen leicht innerhalb seines Weichbildes, weil seiri Blick mehr nach innen, auf die von so vielen Einzelwesen seines Wohnortes geschaffene Unruhe gerichtet ist. Bon der Landschaft, wie sie sich dem Landbewohner zeigt, ist er abgewendet, falls er nicht selbst landwirtschaftliche Interessen hat. Während der Bauer wohl engherzig in seinen Anschauungen ist — sein Dorf ist seine Welt! — verliert der Städter gar zu leicht den Wirklichkeitsboden für seine Wünsche. Wie ein roter Faden zieht sich diese Verkennung der Tatsachen durch die Geschichte des märkischen Bürgertums. Wenn der märkische Thronist Angelus in den Wusterwitzschen Annalen von seinem „Vaterland Strausberg" oder der wandernde Scholar Alichael Franck sSfts „von Frankfurt unserm Vaterlands" spricht, dann sind dies ganz gewiß nicht beiläufige Redensarten, sondern zielbewußte landläufige Vorstellungen der Zeit. Sie zirkeln gewissermaßen mathematisch ab, wie stark sich das städtische Weichbild aus dem bäuerlichen Gelände abhebt. Da kann es denn auch nicht ausbleiben, daß diese Verkennung der Wirklichkeit zu politischen Bewegungen emporschießt, die es den großen Hansestädten mit ihren natürlichen reichen Grundlagen nachmachen will, ohne auch, wie jene, nur im geringsten die mächtigen Hilfsquellen in der Umgebung zu haben. Der demagogische Aufruhr s57Z gegen liarl IV. unter Albert von Rathenow und Thilo von Brandenburg stützte sich ebenso auf unerfüllbare Verheißungen wie das trotzige Verschließen von Berlin-Tölln s^q8 unter Bernd Ryke gegen Friedrich II., den Eisenzahn. Beide Bewegungen, denen in den nächsten Jahrhunderten noch eine Reihe kleinerer folgten, mußten scheitern, weil sie ohne jede Rücksicht auf die Lage, auf die bestehenden Interessen und auf die Zukunft eingeleitet wurden, und weil in ihnen die allgemeine Unzufriedenheit ohne klares Erkennen der Ursache sich Bahn brach.
Der Städter in der Ulark war für das Volkstum nur ein Faktor, solange er eine Vielzahl repräsentierte. Sowie im s7. Jahrhundert die Levölkerungszahl herunterging, sank auch das Bürgertum in seiner Bedeutung und Eigenart; der Städter wurde Landmann und schloß sich ihm auch in seinen Anschauungen an. Nur Berlin-Tölln, Brandenburg a. H., Frankfurt und Guben können als Siedelungen von mehr als dörflichem Tharakter angesehen werden. Die stolzere Art des märkischen Bürgers liegt in der Vergangenheit, als er seine Güter bis über das deutsche Sprachgebiet hinaus verfrachtete, als er die Dörfer in seiner Umgebung seinen Interessen dienstbar gemacht hatte und mit ihnen eine wirtschaftliche Einheit bildete, und als er die waffenstarke Faust als eine wichtige Bürgschaft in die Händel der Zeit einstellen durfte. Er steht aber doch auch innerhalb des märkischen Volkstums, das nur an einer Stelle erheblich beeinflußt wurde.