Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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als die slawische. Aber auch bei den günstigsten Voraussetzungen werden wir den slawischen Feldbau nur für unentwickelt halten können; nur dadurch wird das radikale Vorgehen der deutschen Landesvermessung im 12. und f3. Jahrhundert verständlich.

Die deutsche Technik hatte sich ,m Westen aus uralten Anfängen durchgesetzt, und die Gewanneinteilung, bei der die Flur in verschiedene, meist in drei, aber auch in zwei, vier oder mehr Abschnitte, Gewanne, Zeigen, Flagen oder Breiten ausgeteilt wurde, fast bei allen Binnendörfern zur Anwendung gebracht. Diese Gewanne wurden wieder in so viele gleiche und parallele Unterabschnitte zerlegt, wie Hofbesitzer vorhanden waren (Abb. 2). Nachdem sich dieses Schema für die Bedürfnisse der Zeit als außerordentlich praktisch gezeigt hatte, wurde es bei der Anlage neuer Dörfer im (Osten einfach weiterbenutzt. Da­neben aber hatte sich auch noch ein zweites Schema gebildet, das sich bereits bei älteren Kolonisationen, u. a. im Fuldaischen, in den Weser- und Elbmarschen, als vorteilhaft erwiesen hatte, und das von dem Grafen Adolf von Holstein und von Albrecht dem Bären im f3. Jahrhundert mit Vorliebe angewendet wurde. Es bestand in der Aufteilung der Flur in parallel liegende Streifen, die sich auf der einen oder auf beiden Seiten des Dorfes bis an die Flurgrenze erstreckten. Zn dieser,fränkische" Hufen genannten Weise sind das Erzgebirge, die Sudeten mit ihren Vorbergen, die schlesischen und pommerschen Landrücken besiedelt worden; vereinzelte Strecken auch in Brandenburg, obwohl hier auch noch eine kleinere, die sogenannte flämische Hufe in Betracht kam, die sich von der Weser aus zuerst in der Umgebung von Schulpforta verbreitet hat, die dann aber bald über die Prignitz, den Fläming nach Ulittelschlesien, Pommern und Preußen vorgedrungen ist. Es liegt auf der Hand, daß bei einer so intensiven Tätigkeit, in der das fruchtbare Ge­lände bald mit deutschen Dörfern besetzt wurde, die slawischen Feldmarken um so mehr zugrunde gingen, als selbst die flämische Hufe später wieder völlig verschwand und nur noch urkundlich nachzuweisen ist?) Was an slawischen Dörfern vorhanden war, wurde aus Verwaltungsrücksichten nach deutschen Grundsätzen aufgeteilt; nur das Runddorf, das in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg, der Altmark, Lausitz und in Böhmen vor­kommt, ist möglicherweise eine Erinnerung an die früheren wendischen Bewohner. Zn den weiten Ebenen Brandenburgs, in denen keine Hügel oder große Niveauunterschiede der Besiedlung ein Hindernis stellten, ist die ältere Gewanneinteilung mit der Hufenver­fassung eingewurzelt, doch aber in den späteren Umänderungen wieder aufgegeben worden.

Marken, d. h. größere einheitliche Landgebiete, in denen mehrere Dörfer, oft Mutter- und Tochterdorf, mit ihren Dorffluren lagen, sind in der Provinz Brandenburg nicht vorhanden gewesen oder sind, falls man sie in dein germanischen Altertum schon kannte, durch die slawische Überflutung vernichtet worden. Zedes größere deutsche Dorf erhielt in der Kolonisationszeit durch die Grundherren seine besondere Mark; doch sind die näheren Umstände dieser Aufteilung nicht bekannt, weil sich in der Provinz keine einzige Lokationsurkunde erhalten hat. Den Kolonisten wurden 30 bis 40, bis­weilen auch 50 bis 60 Hufe,?) zugewiesen; es richtete sich die Anzahl nach der Zahl

0 Als seltene Ausnahme wird die westfälischeHufe up der veltmark tor Ryritz" einmal erwähnt (Geh. Staats-Archiv 78, t4 fol. IN).

') Siehe wohlbrück, Lebus I, S. «ehrl: Vas vors Schlalach, seine Büdner

und ihre landwirtschaftlichen Verhältnisse, Leipzig lI 08 .