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der Siedler. In der Regel scheint die Anzahl zwischen 30 bis -sO Kolonisten zu schwanke». Die großen Teile der Allmende, die bis zur Separation in gemeinsamem Besitz blieben, erstreckten sich auf Weiden, Wälder, Wasser, Wege, Ton- und Sandgruben, Gräben, Anger und die Plätze für die nächtliche Einschließung des Diebes, die man in Brandenburg ganz allgemein als Upställe bezeichnet.') Als eine besondere Eigentümlichkeit des Koloniallandes kann man die Feldraine bezeichnen, die das Land westlich der Elbe und Saale nicht kannte.
Wie weit slawische Fischersiedelungen, die sogenannten Kietze, mit dein Ackerbau Beziehungen hatten, ist ungewiß; jedenfalls haben sie keine Ackerflur gehabt. Noch heute ist sie gering, wenn sie nicht aufgegangen ist in der Flur der benachbarten Stadt; dagegen haben einzelne Kietze, die zu selbständigen Dörfern mit eigener Ackerflur geworden sind (Kietz bei Lenzen a. E., Kietz, Kr. Friedberg, desgl. Kr. Königsberg), so stark das Ge präge von deutschen Siedelungen, daß man sie wohl auch als solche mit slawischen Namen ansehen darf. — Seit der Separation haben sich die Dorffluren verändert, aber noch erzählen Flurnamen wie Geren (d. h. lange spitze Ackerstücke)"), die schon erwähnten Upställe, Lose (Ackerstücke, die jährlich ausgelost wurden), Watte» oder Ukathen, Nachl- hütung oder Bucht (Upstall), Stücke, Wischen u. a. von den alten Verhältnissen.
Auch die A a u n f o r me n sind ein dankbares Gebiet, auf dem inan alte, einem ehemals reicheren Hirtenleben entstammende Erinnerungen finden kann. Freilich sind sie nicbt so reichhaltig wie in den österreichischen Alpenländern oder in den Bergen Norwegens, aber in ihrer Technik weisen sie doch in eine recht frühe und urwüchsige Zeit zurück. Nut der Kultivierung des Bodens setzte auch eine Abgrenzung der Ackerflächen ein. Eine der reizvollsten hat die Natur selbst entwickelt, indem sie die, zwischen den Ackern frei bleibende Raine mit Gras und Wiesenblumen schmückte. Und wenn der Landman» die steinigen Hindernisse des Bodens auf die Grenze wirft, dann trägt diese malerische Unregelmäßigkeit, zu der sich leicht Dorngestrüpp gesellt, nicht unwesentlich bei zu dem bunten Bilde unserer Fluren. Für alle Zwecke der Landwirtschaft genügten diese einfachen Grenzraine allerdings nicht; man mußte besonders bei Viehzucht solche Herstellen, die nicht so leicht zu übersteigen waren. Der Ulärker geht allerdings recht nüchtern an die Erledigung solcher Aufgaben heran; er nimmt das Nächstliegende und gestaltet es mit wenig Aufwendungen. Selbst der sonst nur im Nordwesten Deutschlands heimische „Knick", ein aus Hainbuchen, Hasel-, Flieder-, Hagebutten- und Brombeersträuchern, Weißdorn, Eschen und anderen Bäumen bewachsener Grenzwall, ist in der nordwestlichen prignitz nachweisbar, während die Granitfindlinge nicht selten das Ucaterial für eine kleinere Einfriedigung geben. Der eigentliche Feldzaun wird jedoch meistens als Rickgestell her-gestellt, bei dein die durchlochten pfähle durch Ricken miteinander verbunden sind. Ehemals waren die Ricken init Weiden festgebunden, heute wird inan alle diese Einzäunungen allerdings nur »och da finden, wo eine starke Pferdezucht getrieben wird, wie in der Prignitz; früher aber, wo das gesamte Vieh den größten Teil des Jahres im Freien weidete, waren sie allgemeiner
') Es haben diese also nichts mit dein berühmten Freiheitsbaum der Friesen zu tun. Vieser führt vielmehr von einem solchen viehstehplah seinen Namen.
°) Schon in einer Urkunde vom Jahre t200 erwähnt. Siehe Hansen, Agrarhistor. Abhandlungen II, 220, 276.
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