Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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In Brandenburg ist das Runddorf sehr verschieden verteilt, In einzelnen Gegenden, wie in der ssrignitz zwischen Löcknitz und Dosse, in dem Vderland zwischen wriezen und Schwedt, in dem Gebiet südlich von Berlin zwischen Nuthe und Dahme oder in der Gubener Umgebung an den Ufern der Neiße und Ludst drängen sie sich dicht aneinander. In anderen Gebieten sind die Rundlinge spärlicher, wenn sie nicht ganz fehlen. <Ls scheint, als ob sie meist in feuchten, sumpfigen und wasserreichen Gebieten besonders dicht liegen.

Aber dieser Umstand verliert wieder dadurch an Beweiskraft, daß zweifellos slawische Dörfer, wie die sogenannten Rietze, nicht als Rund-, sondern als Straßen­dörfer angelegt sind. Zieht man weiter in Betracht, daß die polnischen und russischen Siedelungen fast durchgehends als ein- oder zweireihige Straßendörfer angelegt sind, dann ist es mindestens wahrscheinlich, daß die Slawen falls sie an dem Rundling überhaupt beteiligt sind - neben ihm noch die andere Form des Reihen- bzw. Straßen­dorfes kannten. >§s würde bei einer solchen Annahme die große Anzahl dieser Dörfer

in ehemals slawischen Gebieten und mit slawischen Namen oder selbst slawischer Be­völkerung erklärt. Die Vorliebe der Slawen für Fluß- und Seeufer legte an und für sich nahe, die Hofstellen in langer Reihe aneinanderzuschließen; die Weiterbildung zu einem Straßendorf ergab sich von selbst, sobald die Uferkante durch Verlandung oder Sinken des Wasserspiegels neues Land schuf (Abb. 5).

In dem lvestlichen Deutschland war, bevor die Grundherren nach Rarls des Großen Vorbild ein feststehendes Besiedelungsschema geschaffen hatten, das, aus ganz regelloser und willkürlicher Anlage der Höfe entstandene, sogenannte Haufendorf eine typische Form geworden. In der Provinz Brandenburg ist diese Siedelungsart mit Sicherheit nicht nachzuweisen. Vereinzelte Beispiele, die man als solche angesprochen hat, lassen eher auf ehemalige Runddörfer schließen, mindestens ist das Haufendorf durch alte Flurkarten noch nicht festgestellt. Das ist auch kaum zu erwarten; denn die auf kaum ein Jahrhundert eingeschränkte Rolonisation mußte mit einem leicht zu handhabenden Schema arbeiten, für das sich das, durch seine Marken- und Flurverfassung durchaus komplizierte Haufendorf nicht eignete. Hier war das Straßendorf, das sich schon bei den älteren westdeutschen Siedelungen als recht praktisch erwiesen hatte, um so mehr am Hlatze, als die oben erwähnte fränkische Hufenverfassung mit ihrer klaren Flur­verteilung eine solche Anlage durchaus begünstigte (Abb. 6).

Abb. 5. wendisches Straßendorf Raddusch

Abb. s. Straßendorf Llandorf bei Lbers- walde.

i. S-