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Straßen den Marktplatz, in dessen Nähe — aber c>st nicht unmittelbar daran — die Hauptkirche lag. Überall, wo sich dieser Stadtkern erhalten hat, kann man bewußte Einteilung annehmen, die vielleicht auf römische Vorbilder zurückgeht sAbb. 9). Außerdem beengten leidlich große Slawendörfer, Nurgen und deutsche Straßendörfer dir städtischen Ansiedelungen, die, wie wir es mindestens von zwei Fällen sicher wissen, lieber als ganz neue Anlagen neben der schon bestehenden Dorfsiedelung angelegt wurden, als daß sie sich diesem älteren Wegenetz anbequemten. Die Verwaltungstechnik zog eben ihre Verkehrslinien nicht nach der Örtlichkeit, sondern nach den ländläufigen Vorstellungen von einer Stadtanlage und hütete sich, die Arbeit durch Hineinbeziehen einer älteren Ansiedelung zu erschweren. Auf der anderen Seite ist aber dieses starre Schema, das in schöner Alarheit in dem alten Berlin zum Vorschein kommt, durch den Mauerring zum Teil wieder aufgehoben worden. Wenn vielleicht der Geometer der damaligen Aeit die Straßenvierecke nach dem Schema seiner Zeitgenossen ordnete, so brachte die Notwendigkeit, den späteren Mauerring, welcher vorher zweifellos schon von Pallisaden abgesteckt war, rund um den Stadtkern zu legen, ein anderes Prinzip mit, das nur in einem Aompromiß beider Liniensysleme ausklingen konnte, dem wir in den Straßenbildern unserer Altstädte, in Luckau, Frankfurt, Prenzlau, Brandenburg so mannigfaltige künstlerische Lösungen verdanken Die schmalgiebligen, nach der Straße gerichteten Häuser sind nicht mit ängstlicher Sparsamkeit eng aneinander gerückt, obwohl der beherrschende Grundsatz, die Hausgrundstücke schmal und tief anzulegen, in allen alten Städten nicht zu verkennen und auch urkundlich belegt ist. Dagegen lassen sie gern einen schmalen Durchgang frei, aus dem nicht selten grünes Laub in die ungepflasterte Straße lugte. So sind sie noch stellenweis vorhanden; auf dem Molkenmarkt in Berlin ist der letzte dieser alten Gaden erst vor etwa 20 Jahren verschwunden, nachdem ihm noch kurz vorher Oskar Schwebe! ein kleines literarisches Denkmal gesetzt hat.
Haus und Hof.
Der Dof. Das bäuerliche Gehöft zeigt im allgemeinen übereinstimmende ,0üge, obwohl man, wie bei dem Wohnhause, auch hier an verschiedenen Ursprung denken muß. Vielleicht waren die Verschiedenheiten früher einmal schärfer ausgeprägt, vielleicht stand auch den, Aolonisteichofe eine größere wirtschaftliche Geschlossenheit, eine systematischere Gliederung als der Ausdruck eines vollfreien Besitzes zu, im Gegensatz zu dem wendischen Geböft, das geringeren Bedürfnissen diente lind daher auch weniger stattlich war. jedenfalls läßt sich aus den bäuerlichen Gehöften der heutigen Ostslawen schließe», daß sich die in Deutschland eingedrungenen Westslawen vor acht jahrhunderten in ihren Bauernhöfen, soweit man davon überhaupt reden kann, von den germanischen unterschieden haben Heute sind diese ethnographischen Unterscheidungen untergegangen in wirtschaftlichen Schichtungen, die das bäuerlicbe Wirtschaftsleben ausglichen und einander näher brachten. So ist eine wahrscheinlich einmal vorhanden gewesene Verschiedenheit in der Stellung -er Häuser innerhalb des Hofes mehr und inehr verwischt. Nur bei scharfer Sonderung der gegenwärtigen Formen findet man lokale Abweichungen, deren Grenzen allerdings überall gelockert und ineinander geflossen sind.