Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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den roten Aiegelfachen, dem mächtigen Strohdach und seinem altertümlichen jDserde- schmuck des Giebels über demUlenloch" (Abb. 25) ist der märkische Vertreter des Alt­sachsenhauses, das über das nordöstliche Hannover und das westliche Mecklenburg mit dem großen heimatgebiet unmittelbar zusammenhängt.

Die erste und durchgreifende Veränderung ging mit dem Herde vor und wohl erst im (8. Jahrhundert. Ein niedriger steingemauerter Herd war noch vor einem Menschen­alter in einem Hause des Dorfes Mödlich vorhanden; er mußte wie viele andere weichen, als die Dorfstraße nach der anderen, dem Deiche zu gewandten Seite der Häuser verlegt

wurde. Dadurch wurde die alte Stube in einen Durchgang umgewandelt und die erstere an das entgegengesetzte Ende des Hauses verlegt. In gleicher weise sind viele Häuser der Lenzener wische gewissermaßen umgekehrt worden. An anderen Stellen ist der Herd­raum, dessen alte BezeichnungM"h übrigens in der Mark nicht nachgewiesen ist, mit der Einführung des Schwibbogens zu einem Aüchenraum geworden, der bisweilen (Abb. 26) eine Seite noch zu einem Zimmer abgegeben hat. In dem Dorfe Seedorf ist ^ an dieser Stelle ein alkovenartiger Vorschlag, derButz"") ein­

gebaut, der als Schlafraum dient.

Das Bestreben, die Stuben auf Kosten der Ställe zu er­weitern, hat auch die Diele vielfach in der weise umgestaltet, daß die einst offenen Wände, über die die Rinder in die Diele schauten, nach dieser hin geschlossen wurden, daß selbst die wände vorgerückt wurden und nur noch einen schmalen Gang frei ließen. Dadurch ist die spätere Entwicklung zu dem Dielenhausin ihren Grundzügen vorgezeichnet. Nur der Vserdestall behauptet noch zähe die alte Dachgemeinschaft, teil­weise sogar in der alten Arsprungsform, in der das Walmdach tief heruntergezogen und durch wände zu zwei besonderen Vorräumen vervollständigt wurden. Dadurch hat auch der Eingang einen offenen Vorplatz, denVorschuer", er­halten, der auf dem gesamten Gebiete des altsächsischen Hauses nicht fremd ist. Als letzte Entwicklung tritt schließlich der hferdestall als ein selbständiges, mit eigenem Dache ver­sehenes Vorhaus auf, das durch eine Türe vom haupthause aus zu betreten ist.

Das Korn wird noch auf dem offenen Gebälk der Diele (Abb. 22) untergebracht, wenn nicht, was allerdings sehr häufig ist, eine besondere Scheune errichtet ist. Allerdings ist man auch bestrebt, die lose auf dem Gebälk liegenden Bretter in einen festen Boden­belag umzuwandeln, da das heraufreichen und Aufstapeln der Garben auf den schwan­kenden Boden oft Unglücksfälle herbeigeführt hat. Das Flet hat diese Bretterdeckung

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Abb. 26. Warnow.

ft Das Wort hat in den germanischen Sprachen und Dialekten die Bedeutung von flach (im Altnordischen flatr platt) und ist in der lebenden Sprache als Flöh Lagerstatt von Erzen und Mineralien erhalten. S.M. Heyne: Das deutsche Wohnungswesen. Leipzig l8A9, S. SZ.

ft Es kehrt das Wort in gleicher Bedeutung in Braunschweig, dem hannoverschen wend­lande und Friesland wieder. Die litauische Sprache, die viel germanisches Sprachgut von alter­tümlichem Gepräge ausgenommen hat, bezeichnet mit Bottas, Buttas, Butz den Herdraum, im weiteren Sinne das Gebäude; das Altnordische kennt Bud als Wohnung, das Althochdeutsche Budeo als Gebäude. Unser vulgäres Bude, das französische doutiqus, italienisch dottexs u. a. leiten auf denselben Sprachstamm zurück.