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Auf der anderen Seite hat der Wanderzug selbst die bemerkenswerten Stätten mit Zeugnissen versehen, die oft in allerlei Kritzelungen, Anschriften und Signaturen bestehen. Die leider sßOß abgebrochene Kapellenruine in Blankensee, die Nikolaikirche in Treuen- brietzen, die Klosterruine in Himmelpfort (Abb. 85 ) und viele andere sind mit solchen Anwesenheitsbeglaubigungen versehen, die bis in das i st. Jahrhundert zurückreichen. Daß besonders kirchliche Gebäude für diese unbefugten Kritzeleien benutzt wurden, lag wohl an dem suggestiven Einfluß, den sie auf das seelische und körperliche Wohlbefinden des Menschen ausüben können. Sind sie doch umgekehrt auch benutzt worden, seltsame, nicht erklärbare Gebilde, wie alte Mahlmühlen fheiligengrabe, Gießmannsdorf bei pritzwalk). Weihwasserbecken (pritzwalk), Bildwerke (Jüterbog), unlesbare Inschriften (Gerswalde) in ihrem vermeintlichen Teufelsspuk durch Einmauern unschädlich zu machen! Im Grunde genommen ist das wieder das alte Neid-Prinzip, das in seiner letzten Folgerung den ganzen Bau als dämonen- oder unglückbannend betrachtet und wenige Teilchen seiner Substanz zu Heilzwecken benutzt, wie es die Rundmarken und Schreifrillen hundertfach bezeugen, die man in Brandenburg festgestellt hat.
Häusernamen.
Wie lebensvoll und beseelt erschien doch unseren Borfahren die Umwelt, in der sie sich bewegten! Auch die Häuser haben ihre Sprache, in der sie nicht sich als gleichgültige Baukörper eines Gemeinwesens anzeigen, sondern ausdrucksvoll ihren Stand, ihr Außeres oder ihre Lage angeben. Auf dem Dorfe kennt man sich persönlich, in der Stadt ist es schon schwieriger, eine Person aus der Menge zu ermitteln, da verschwindet sie hinter dem Hause, das leichter auffindbar ist. Die bureaukratisch-nüchterne Bezifferung der Häuser ist erst im sst. Jahrhundert allgemeiner in Aufnahme gekommen; vorher genügten die charakteristischen Bezeichnungen, die u. a. in den ältesten Berliner Adreßbüchern häufiger Verwendung fanden, als die wenigen im Volksmunde geläufigen Straßennamen. Die Bezifferung, die inLübeck >756 aufBetreiben der Brand-Assekuranz eingeführt wurde/) findet sich schon zwei Jahre früher in Berlin. Die anderen märkischen Städte folgten nach und nach; wenige Jahre nach der Einführung der Städteordnung war sie allgemein durchgeführt. Damit wurden die alten Häusernamen außer Kurs gesetzt, nachdem sie schon lange vorher sich hauptsächlich auf die Gasthöfe und Apotheken konzentriert hatten. Wie sehr sie von dem Handel abhängig waren, bezeugt die Tatsache, daß sich die meisten geschichtlichen Erwähnungen in den Städten finden, die an den verkehrsreichen Handelsstraßen liegen. So haben wir alte Bezeichnungen in Niemegk, Treuenbrietzen, Belzig, Jüterbog, Berlin, Frankfurt a. O., Guben, also mit Ausnahme der letztgenannten Stadt vorzugsweise in Städten, die an der alten von Sachsen an die untere Oder führenden
tz Robert Mielke, Deutsche ksäusernamen in Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte II, S. 5S5s.
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Abb. sz. Ziegelsteine mit Inschriften in Kloster kfimmelpfort.