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Straße liegen. Das Ende des I». Jahrhunderts entstandene Berliner Stadtbuch h erzählt, „daß die Krämer van Berlin und Tölln und von anderen Städten in der Mark von ihrem Zelte, dasein Kreuzhat, von jeglichem 4 Denär geben", was man wohl schon als einen Hinweis auf die Sitte der Kennzeichnung durch ein charakteristisches Hauszeichen ansehen kann.
Die älteste Erwähnung eines unmittelbaren Hausnamens geschieht in Frankfurt, wo i^sy ein Haus zum Rebstock genannt wird. Zn Berlin werden im 16. Jahrhundert erwähnt: Zum Hirsch, zu den drei Linden, die bemerkenswerterweise in der Lpandauer Straße, in der Nachbarschaft des durch die schöne Sage von den drei Verkehrtlinden bekannten heiligen Geistkirchhofs lagen; 1,608 wurden in Jüterbog der Goldene Löwe, 1655 der Weiße Schwan erwähnt. Zn Berlin finden sich 164sO der Schwarze Bär, die Drei Kronen, 1711 der Blaue Hecht, und weiter die Blaue Hand, der Goldene Löwe, der Goldene Arm, der Weiße Engel (1729), der Weiße Schwan (1727), der Gchsen- kopf (17412), die Weiße Taube (l78y), die Sonne (1800) und in den Zähren 1720 bis 1750: Stadt Braunschweig, Goldener Anker, Römischer Kaiser, preußischer Wagen, Stadt Ruppin, Weißer Schwan. Belzig hat I640 den Weißen Schwan und den Ring, 1780 den Goldenen Stern. Zn Guben kommt 1760 vor der Rote Löwe, in Niemeg? 16Y7 der Löwe. Zm ly. Zahrhundert, vielleicht weniger wegen der einsetzenden Numerierung als wegen der abschleisenden Wirkung des Eisenbahnverkehrs, treten dis charakteristischen Namen zurück vor den gedankenlos angewandten Städtebezeichnungen, die früher als Quartier der Einwohner einen Sinn hatten. Trotzdem haben sich die alten Gasthöfe häufig noch ihren überlieferten Namen erhalten.
Von der Mannigfaltigkeit der alten Bezeichnungen mögen folgende aus der Mark zeugen: dem Tierreich sind entnommen derAdler, der in der Mehrzahl sich durch das Eigenschaftswort „schwarzer" als gut preußisch kennzeichnet, in wenigen Fällen aber auch als roter oder weißer, vielfach indessen als goldener erscheint; ferner der Bär, der durchgehends schwarz ist, das weiße, rote oder schwarze Roß, der heraldisch sich gebende „Goldene Löwe", der jagdfreundliche Braune und Goldene Hirsch. Sehr verbreitet fit der Weiße Schwan. Mit religiösem Einschlag erscheinen das Lamm, dis Laube und der Engel. Die humoristische LahmeEnte und der hungrige Wolf sind mehrfach vertreten. Dem Pflanzenreich gehören an der typische Grüne Baum, die Linde, die Eiche (deutsche, grüne), der Apfel und die Traube. Von Sonne, Mond und Sternen hat die erstere die meisten Liebhaber gefunden, während dem Handel lind dein Gewerbe ihre Bezeichnungen verdanken: Die Goldene Kugel, derAnker, der Hecht, der Ring, der BlaueArm (für einen Färber). Künstlerische Wahrzeichen unterstützten oft die Namen.
Das moderne Leben bringt es mit sich, daß die alten Namen selbst bei Gasthöfen versck'winden. Gemütliche und traute Bezeichnungen wie Linde, Eiche, Löwe, Adler und andere, in denen eine örtliche Beziehung oder ein derber Volkshumor zum Ausdruck kommt, machen neueren, oft unverständlichen Platz. Namen wie „Zum Kaiser", „Zum Kronprinzen", „Zum König von Preußen", „Zur Post", „Zum Bahnhof" oder „Zur
0 p. Llauswitz, Berliner Stadtbuch. Berlin 188Z, S. 15.