Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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haben, hauptsächlich ist es der Fläming mit seinen deutschen Dörfern hohenschlenzer, Rosenthal, Schwebendorf, hohenseefeld, Niederseefeld, Bärwalde, Niedergörsdorf, Luthersbrunn, Marzahne, Schlalach, Dennewitz u. a., wo noch Trachten vorhanden sind. Der für die märkische Forschung leider viel zu früh gestorbene Postrat a. D. Steinhardt in Treuenbrietzen spricht sich über diese Trachten einmal folgendermaßen aus:*)Die Jahre nach dem großen Einigungskriege bezeichnen auch hier den Wendepunkt, denn noch in den sechziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts kamen die Bauern aus der weiten Umgebung von Treuenbrietzen zu den Jahrmärkten in ihren bunten, abwechslungsreichen Trachten, die auf dem Fläming fast von Dorf zu Dorf verschieden waren, nach der Stadt herein, und da war es ein erfrischender Anblick, die Frauen und Mädchen zu sehen in ihren großen Hauben mit Flügeln und den breiten, seidenen Bändern daran, die von der Kopf­bedeckung bis fast auf den Erdboden herabreichten, in ihren kurzen, gefälteten bunten Röcken mit den farbig gemusterten, seidenen Schürzen; die Männer in dunklen, langen Röcken, meist schwarz oder- dunkelblau, und den steifen, schwarzen Schirmmützen, an jeder die preußische Kokarde. Das war ein lebensvolles, farbenfrisches Bild, bunt ohne auf­fallende grelle Farben, dem selbstbewußt gemessenen Auftreten der Bauern würdig angepaßt" (Abb. 89).

Der selbstgemachte kurze und weite Rock der Bäuerin legt sich in tiefe Falten; er ist an dem schwarzen Samtmieder, das mit schmaler, bunter Litze besetzt ist, befestigt. Eine gestickte Patte hält über der Brust das bunte Halstuch. Perlborten und kunstvoll ausgeschnittene Samtstreifen bilden den unteren Besatz des Kleides, der von den Mäd­chen gleichfalls selbst angefertigt wurde. An großen Feiertagen, zur Konfirmation, zur Hochzeit

und im Sarge wird der schwarze Tuchrock getragen, den jedes Mädchen zur Einsegnung erhält.Puffjacken und gestickte Hauben mit großen Rüschen, die unter dem Kinn geschlossen wurden, waren bis f 890 der Schmuck dazu. Seit diesem Zahre ist die kleidsame Haube verschwunden und hat dem schwarzen Kaschmirtuche mit bunten Blumen Platz gemacht." Die Abendmahlskleidung hat besonders in den Dörfern bestimmte Formen angenommen; sie ist auch da, wo die Tracht schon geschwunden ist, d. h. in den Dörfern nordwärts des Fläming, die mit dem obengenannten Gebiet südlich Berlin in Verbindung stehen, noch vielfach bei älteren Leuten Sonntags zu finden (Abb. 90). Tine solche aus Luthersbrunn beschreibt Steinhardt als aus schwarzem, bemerkenswert feinem Tuche mit Keulenärmeln gefertigt.Zu dem Kleid gehören

Abb. 89. Flämingstracht junger Frauen.

*) Alonatsblatt der Brandenburgia XII, 1904, S. H 8 >.