Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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alte traditionelle Pelzmütze, die in feierlichen Stunden von einem breiten Zylinder ersetzt wurde, ist der Mütze oder dem Filzhut gewichen. Nein Wunder, denn gerade die Nieder­lausitz ist ja ein hauptgebiet der deutschen Hutfabrikation! Auch am Hochzeitstage wächst diese Einfachheit nicht über die größere Gediegenheit der Stoffe hinaus, während die Braut am sicheren Bande der Überlieferung die Tracht erheblich durch Prunk und Farben­freudigkeit zu steigern weiß. Der breitehupatz", ein aus einem Spitzenkranz, künstlichen Girlanden, blauen und weißen Blüten und goldenen und silbernen perlen bestehende Brautkrone, deckt das Haupt, eine schwarze zugehakte Tuchjacke, aus der die Falten des schleierartigen Halstuches Hervorkommen, den hals.Am Nacken, wo die Falten des Halstuches durch eine Spange zusammengehalten werden, bemerkte man zwei Strähne umsponnener Seide, sog. Flockseide, eine weiße und eine grüne, die von demWenk", dem Sträußchen, dem höchsten Schmuck und Stolz der Braut, einem

einfachen, schlichten Myrten­sträußchen, das zwischen den Girlanden hinten am hupatz seinen Ehrenplatz hatte, her­rührten." Auch der Brautrock von Tuch wie die seidene Schürze waren schwarz und bildeten mit den schneeweißen Strümpfen einen feierlichen Akkord.

hier in diesen hohen Zeiten findet die Volkstracht ihre schönste Entwicklung auch in den oben genannten Gegenden. Vieles von ihr wird zurückgelegt und folgt der Verstorbenen in das Grab, oder es schmückt in modernisierter Form die Tochter. Nach der Feier schwächt sich diese blendende Schönheit leicht wieder zurück ins Alltagsleben, aber sie bleibt doch im Banne des herkömmlichen; nur das Abendmahl und der Airchgang geben Gelegenheit, eine würdige, stinnnungsvolle Tracht weiterzupflegen (Abb. sth.

Die Provinz Brandenburg bietet heute nur ein Mosaik von Einzelbildern, die auch beim ^usammensetzen nicht immer klare Linien hervortreten lassen. Aber sie verbergen nicht den Abstand, der zwischen der wendischen, vorwiegend aus ethno­graphischen Quellen geflossenen Tracht und der deutschen besteht, die von kultur- geschichtlichen Bewegungen geschaffen worden ist. Zene hat sich darum lebenskräftiger gezeigt; diese ist schnell von dem Geiste einer neuen Zeit dahingerafft. Auch die wendische Tracht wird eines Tages der anderen gefolgt sein. Darüber besteht kein Zweifel. Möge der Tag aber noch fern sein, an dem das letzte Trachtenstück abgetan wird.

Abb. yh. Taustrachten aus Neuendorf bei peih.