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Ruf der Bürgerglocke vor dein Rathause, wer ohne Grund ssrnblieb, wurde gestraft. Nach Verlesung der Stadtstatuten und Bezahlung des Stadtschoßes und der Grundzinsen wurden die Zungbürger und Verordnten von den Stadträten, den Geschworenen und den Gildemeistern hinaus in die Flur geführt, und ihnen die Grenzen und die Grenzzeichen gezeigt. Nach Beendigung wurde auf dem Rathause ein festliches Gelage veranstaltet, bei dem für die zwölf Stadtverordneten allein eine Tonne Bier bestimmt war. Nkan kann es also verstehen, daß der sparsame Friedrich Wilhelm I. dieser jDrasserei ein Ziel setzte. — Zn Töpenick fand der Nmzug alle zwei Zahre statt, angeblich weil Nurfürst Zoachim II. der Stadt eine große Wiesenfläche nebst Aschereigerechtigkeit auf dem Ulüggelsee geschenkt hatte. Dem Umstande, daß die Nietzer die Asche und das Bier herzugeben hatten, was in einem Vertrage 1451 bestimmt worden war, ist es zuzuschreiben, daß dieser Grenzzug sich bis in das Ende des I st. Jahrhunderts erhalten hat?)
Nachbarschaft. Ts vermischen sich in den Grenzzügen öffentliche und private Znteressen, bestimmend bleibt aber die Sicherung des Eigentums, die auch von der Einrichtung der Nachbarschaften übernommen wurde. Zwar haben wir keine direkten Beweise von dem Bestehen einer solchen offiziellen Einrichtung, die besonders in Siebenbürgen, am Rhein, an der Nordsee und im Königreich Sachsen blühte/) doch liegt das gegenseitige Hilfsverhältnis des Nachbarn zu nahe, um es abzuleugnen. Überdies wird der Ausdruck „Nachbar" öfter in den Ordnungen erwähnt?) Die Aufgabe dieser Nachbarschaften ging dahin, bei guten und bösen Ereignissen dem einzelnen zu helfen, ihm bei Feuer- und Wassersnot, beim Hausbau und bei der Ernte, bei Hochzeit, Taufe und Tod hilfreich beiseite zu stehen. Zn einer Ackerordnung von 1702 wird dein Nachbarn sogar obrigkeitlicbe Eigenschaft beigelegt?) Aus all diesen Sicherungen spricht, wenn man sie in der Gesamtheit vor Augen hat, eine besondere Sorge für den unbeweglichen Besitz, der in dem Dasein unserer Bauern und Bürger eine wesentlich größere Rolle spielte als heute. Kam doch auch in den Stadtrechten die Bevorzugung des unbeweglichen Ligentunis zum Ausdruck, indem oft nur der mit Hufen angesessene Bürger in den Rat gelangte! Und wenn in dem politischen Ringen um die Wacht die Znnungen anscheinend bisweilen einen größeren Einfluß errangen, dann darf man nicht übersehen, daß unter den sogenannten einflußreichen Viergewerken, den Tuchmachern, den Schustern, den Bäckern und Schlächtern, sich die beiden letzten als Hufenbesitzer dem Einfluß der anderen entgegengestellt haben. Gerade in den Städten, in denen die Znteressen des Grundbesitzes zusammenlaufen mit denen der Zünfte, da lag der Schwerpunkt der Eigentumssicherung in der gerechten Verwaltung des gemeinsamen städtischen Besitzes, der Feldmark mit ihren Heiden und Weiden, Seen, Hütungen u. a.
N Bär V, S. 2SZ.
-) Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde V, ,910, S. 2tS. Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde VI, ,909, S. 205.
°) So heißt es in der Ordnung des Dorfes Bredow von , 5 -U, daß einer, der seine Pferde allein hüten lasse, dem Herrn eine Tonne Bier „und dem Nachbar eine halbe Tonne" geben solle. Bär X, , 88 -l, S. 228. In einer Klage gegen seine Gemeinde spricht der Pfarrer von Bredow zsso fast stets von den „Nachbarn".
h Bär XII, , 885 , S. 502 .