Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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Der Landmann weiß, wie sehr gerade seine Arbeit von dem Vetter abhängt; darum hat er ein besonderes Interesse zu beobachten und durch das Belauschen der Natur Winke für die künftige Gestaltung des Wetters zu ersehen. Das gilt für große und für kleine Zeitspannen. Die Tatsache, daß der Abzug der Schwalben und der Störche den Herbst ankündigt, ist ja wohl leicht zu erfassen ; daß aber der frühe Abzug auch einen frühen Winter bedingt, ist eine Folgerung, die nur eine Reihe von Geschlechtern erworben haben kann. Der in Brandenburg weit verbreitete Spruch:Weihnachten im Ales, Gstern im Schnee" odergrüne Weihnachten weiße Gstern" zeigt, in gleicher Weise, daß eine Störung im Kreislauf des Jahres andere nach sich zieht. So ist eine ganze Reihe von Beobachtungen gemacht und in kurzen Sprüchen niedergelegt, die fast durchgehends sich bewahrheiten. Regnet es am Siebenschläfer (27. Juni), dann soll es sieben Wochen hintereinander regnen, und es gibt eine schlechte Ernte, dagegen verheißt es einen heißen und trocknen Sommer, wenn am Karfreitag Regen fällt. Was vor Johanni an Regen fehlt, das wird nach diesem Termin nachgeholt. Dagegen wird schönes Wetter eintrefsen, wenn die Katze sich putzt (auch steht Besuch zu erwarten), oder wenn die Schwalben hoch gehen. Besonders gefürchtet sind dieGestrengen Herren" Mamertus, Pankratius, Servatius (ff., f2. und >3. Mai), die fast regelmäßig ein Sinken der Temperatur bringen. Am Bartholomäustage (24. August) gelten die Hasel­nüsse für reif. An diesem Tage hörte das Vesperbrot auf, und das Dreschen begann; im Westen und in der Altmark wurde dazu der folgende Vers gesungen:

Beerlmees (Bartholomäus) hat kaomen hat viermaal (Vesper) wegnehmen hat Flügel mit bracht Mlitten dösken (dreschen) all Nacht.

Ist das Wetter am Freitag schön, dann verheißt es einen guten Sonntag. Über­haupt gibt es eine ganze Reihe von Tagen, an denen es nicht gut ist, eine Arbeit zu beginnen, während andere gerade Segen verheißen. Dienstag, Donnerstag und Sonntag, besonders aber der weiße Sonntag nach Gstern und der goldene Sonntag nach den so­genannten Quatembern, d. h. nach St. Luciä, Aschermittwoch, Pfingsten und Krenz- erhöhung, gelten als glückbringende Tage. Als wenig verheißungsvoll sind angesehen alle Monatstage mit einer Sieben, der 7., f7. und 27. eines Monats, dann Mittwoch und besonders Freitag?) Früher galten auch der f. April, der Geburtstag des Judas, der f. August, an dem der Teufel aus dem Himmel gejagt wurde, und der Unglückstag von Sodom und Gomorrha, der f. September, als wenig geeignet.

Bei den Schiffern gilt es für unglückbringend, wenn sie bei ungünstigem Winde nähen?) Auch der Mond äußert einen Einfluß. Was gedeihen soll, muß bei zu­nehmendem Mond geschehen, wie Säen und Pflanzen; dagegen ist für Holzfällen und Mähen der abnehmende Mond günstig. Auch Sonnenregen ist gut; bei ihm stellen sich selbst die Kinder in den Regen, weil sie dann gut wachsen.

Am f. Mai, dem Walpurgistage, an dem die Hexen zum Blocksberg ziehen, wird

h Freilich galten in der Neumark wieder Dienstag, Donnerstag und Sonnabend als Unglückstage. (Siehe Zeitschr. d. ver. f. Volkskunde I, g. i8g.)

h Zeitschr. d. ver. f. Volkskunde I, i>89l, S. lgo.

Brandenburgische Landeskunde. Bd. HI.

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