Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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die Ruhherde auf die Weide getrieben; Leinen, der an diesem Tage gesät ist, gibt den besten Flachs.

Daß man am Wichaelistag (8. Wai) auf dem Felde nicht arbeiten darf (Rauen), stellt auch diesen Tag in die Reihe der Unglückstage, die zu vermeiden sind. Wan kann jedoch wiederum manches zu seinen Gunsten kehren, wenn man die Formeln kennt. Will man z. B. einen guten Wind machen, so muß man einen alten Besen verbrennen. Er­hebt sich aber ein Rrüselwind, dann genügt es zu sagengnädig Herr Deibel" oder Laudreck", oder man muß etwas hineinwerfen, dann legt er sich. Die Rinder werfen gewöhnlich ihre Wütze hinein (Liepe, Havelland). Die Windrichtung suchte man durch ein kleines Wühlengestell zu ermitteln. Wenn sich nach Sonnenuntergang ein so­genannter Wetterbaum, ein baumartiges Wolkengebilde, zeigt, wenn der Abra­hamsbaum oder Adamsbaum blüht, dann kann man das Wetter Voraus­sagen. Strebt er nach Norden, gibt es gutes Wetter, will er nach Süden, steht Regen in Aussicht (Uckermark). Es ändert sich das Wetter, wenn die Sterne schießen (Brodowin bei Eberswalde). Will man den künftigen Winter im voraus wissen, dann muß man sich das Brustbein einer Gans ansehen. Ist es weiß oder rot, wird der Winter kalt oder gelinde?)

Im einzelnen gibt es noch besondere Anweisungen, die oft nur örtlichen Wert haben. 5o müssen manche Gartengewächse am Gründonnerstag gesät oder gepflanzt werden, Lein an einem Freitage (Schlanow). Rartoffeln soll man nicht Wontags legen, weil sie sonst madig werden (Fresdorf). Wenn Steinbock und Rrebs im Ratender stehen, werden keine hülsensrüchte gesät, weil sie dann nicht weich kochen würden (Fresdorf, Blankensee, Stangenhagen). Auch darf man im Zeichen des Rrebses nicht Rohl- oder Wohrrüben säen, sonst bekommen sie viele Füße; wohl aber Rartoffeln (Woldenberg). Erbsen muß mau am hundertsten Tage des Jahres säen, dann bringen sie hundertfältige Frucht (Schlanow). Flachs dagegen um den 7. und >0. April oder drei Tage vor und drei Tage nach dem 25. Wärz (Spreewald). Hirse wird.nach Sonnenuntergang gesät. Wan trägt dabei einen alten Hut und hat drei Rörner unter der Zunge (Dölzig). Auch Gerste muß man nach Sonnenuntergang säen und vor Sonnenaufgang eggen. Nimmt man dabei einige Rörner in den Wund und streut sie auf den Rand des Ackers, dann bleiben Sperlinge und Hühner fern (Dölzig), holt man Bartholomäi (24. August) zum ersten Wale neue Rartosfeln vom Felde, so trägt sie derkleine Wann" mit der Wolle wieder weg (Schlanow)?)

Besondere Bedeutung hat der Wartinstag hl. November) als Ziehtag für das Gesinde und für die Instleute. An einigen Orten ziehen die Rinder von Haus zu Haus und singen:

Mertens, Mertens Vöggelken Mit die vergoldten Flögelkcn Fleig so wiet bet öivern Mein, (Siehe S. 29)

Morgen ist det Martin.

') Nach Ruh» und Schwarz, Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche, Leipzig Z8-ZS. .r) Nach Prahn, Glaube und Brauch in der Mark, Zeiischr. d. ver. f. Volkskunde I, 1891, S. 1«s.