Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
118
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Fruchtbarkeit zu mehren.') Gefürchtet sind vor allem im Getreidefelds der Bilmes­schneider und die Roggenmuhme. Der erstere ist ein Wesen von abschreckender Magerkeit, das mit langem Schoßrock und dreieckigem Hute, die Hände in der Tasche, um Walpurgis oder Johanni,wenn kein Mond am Himmel steht", die Ackerfelder durchschleicht. Am Fuße hat er eine Sichel, mit der er breite Furchen niedermäht. Vielleicht ist er identisch mit der Roggenmuhme, die wahrscheinlich eine dichterische Verherrlichung in der Sage von der Windsbraut gefunden hat?) Wenn sich an windstillen Tagen die Ähren, wie von unsichtbarer Hand berührt, neigen, dann weiß der Kundige, daß die Roggen- oder Korn­muhme durch die Felder schreitet. Der Bilmesschneider schädigt nur das Korn, die Roggenmuhme aber tötet die unschuldigen Kinder, die den Acker betreten. In ihrem Gefolge befinden sich unter harmlosem Viehzeug die Roggensau, der Roggenwolf und der Roggenhund?) die an die Existenz der Ähren gebunden sind und sich schließlich in die letzte Garbe, selbst in den letzten Halm flüchten. Km sie unschädlich zu machen, sucht man sie mit diesen abzuleiten, wie es uns noch bei der Ernte begegnen wird. Mit frommen Gedanken ging daher schon der Säemann an die Arbeit; sein Säetuch muß während der ganzen Säezeit gebraucht und sein Knoten nicht gelöst sein. In Motzen bei Zossen las vor dem 2äen der Küster in der Kirche eine predigt. Die Mädchen zogen dann in langer Reihe nebeneinander Hand in Hand, Osterlieder singend, über die junge Saat der Felder, während die Burschen die Kirchenglocken läuteten. Auch soll man nicht in der Mittagsstunde säen; am besten ist es vor Sonnenaufgang?)

Dir Ernte. Voller und reicher konnte sich die Teilnahme und das Verständnis des Märkers für die Natur seines Heimatlandes ausleben bei der Ernte mit ihren Gebräuchen und Veranstaltungen. Aus der langen Zeit des Zweifels und des Fürchtens ist der Bauer heraus; es gilt, den reichen Segen einzuheimsen, den ihm das Feld bietet, seine Arbeit erzielt und ein gütiges Geschick vor Knbilden bewahrt hat. Darum ist die Ernte nickt still und klanglos, sondern ein Freudenfest, was die Hochzeit für die Familie ist, das wurde die Ernte für das Dorf, ein Jubelfest auf ernstem Hintergründe. Man vergaß es daher auch früher nicht, bevor die Aust begann im nördlichen Brandenburg sagt man zumeilt Aust für Ernte das Ereignis in gemeinsamer Beratung zu be­sprechen. Die Ernte wurde mit einem Gottesdienste eingeleitet. Aus einem Dorfe bei

') Der Belemnit wird auch als Schutz gegen den Blitz auf den First gebracht. Bei dem Steinbeil spricht vielleicht nicht so sehr die Sel'samkeit der Erscheinung mit, wie eine unbewußte Nachwirkung des Beiles ans der ganzen europäischen Vorgeschichte. ^Zn der Uckermark erhielt ich eininal die Nachricht von dem Finden eines solchen Steinbeiles. Als ich der Lache nachging, erfuhr ich, daß der Bauer das Beil 1 m tief aus seinem Acker eingegraben hatte.

-) Mitgeteilt von w. Schwartz inSagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg", Berlin 1895, S. 96.

b) Mannhardt, Roggenwolf und Roggenhund, Danzig 1868 und derselbe, die Korndämonen, Berlin 1868.

von Schulenbnrg füg« noch hinzu:Drei Weizenkörner sunpaar, auch fünf, sieben) in den Mund nehmen, aber nicht beißen und kein Wort sprechen, wer auch kommt. Nach dem Säen soll man die Körner aus dem Mund nehmen, in den Busch werfen und dreimal sagen: Das helfe usw.; andere sagen: Die drei Körner soll man nachher auch säen." wendische Volkssagen und Gebräuche aus dem Spreewald, S. 286 .