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Lind die Garben gebunden, dann werden sie gewöhnlich in Reihe gestellt. Man stellt dabei in der Regel Mandeln oder Stiegen auf, ohne sich jedoch heute um den Zahlbegriff allzugenau zu bekümmern. So kommen in Vst- und Westhavelland Mandeln vor, die aus 2X4 Garben bestehen. In Krampfer (Westprignitz) bezeichnet man eine solche Häufung als Hocke, die auch in Vst- und Westpreußen und Posen, bekannt ist. Im Warthebruch, zwischen Tüstrin und Landsberg, kommen offene oder Halbmandeln und geschlossene oder Vollmandeln vor, von denen die ersten 2X7, die anderen, hauptsächlich im Norden der Warthe verbreiteten, 2X8 Garben zählen. Stiegen zu 2 X 10 sind in der Prignitz (Bölzke, pritzwalk), Mandeln zu 2 X 8 in Sieversdorf bei Neustadt a. D. und Genshagen südlich Berlin, „Puppen" zu sechs Garben, die im Kreise geordnet stehen, in Benau nördlich Sorau festgestellt. Landesüblich scheinen Stiegen und Hocken zu sein, die von den Perleberger Vrtsstatuten aus dem s7. Jahrhundert bezeugt sind in dem Verbot „Niemand soll hüten auf dem Leddigen zwischen Sommer- und Winterkorn, auch nicht zwischen Stiegen und Hocken, "h Die Aufstellung in runden Stapeln, die für das Trocknen des Getreides nicht so günstig ist, kommt wohl vor, ist jedoch kaum sehr alt.
Ist das Feld abgemäht, dann ließ man früher gern noch einige Garben auf dem Felde stehen, die man zu einer Mannesgestalt umwandelte und ausschmückte. Dieser Mann wurde am Nachmittage auf einem vierspännigen mit Laub und Blumen geschmückten Wagen hereingeholt. Mit Musik folgten Schnitter und Schnitterinnen, jung und alt. War man bei den Garben, auf denen die Mannsgestalt stand, angekommen, dann wurde um sie ein Kreis geschlossen und ungefähr eine halbe Stunde lang auf den Stoppeln getanzt. Sodann wurden die Garben mit dem Manne auf einen Wagen geladen und unter lautem Jubel nach Hause gefahren. Dieser aus der Gegend von Lenzen und perleberg von Kuhnft beobachtete Brauch fand sich nach ihm in Greifenberg (Uckermark), in Brunow bei Freienwalde, Lanke und prenden bei Bernau, Hardenbeck (Uckermark) und in Tucheband (Dderbruch) mit einigen Veränderungen, die schon zu dem eigentlichen Erntefest überleiten.
Kuhn sagt darüber: „Ist der Roggen abgemäht, und sollen die letzten Garben gebunden werden, so stellen sich die Binderinnen in zwei Reihen einander gegenüber, jede ihre Garbe mit dem Strohbande vor sich; auf ein gegebenes Zeichen binden alle zugleich ihre Garbe, und diejenige, die zuletzt fertig wird, trifft nicht nur allgemeiner Spott, sondern aus ihrer Garbe wird auch die Gestalt eines Mannes gefertigt, den man .den Alte»' heißt. Sie muß nun den Alten ins Dorf bis auf den Hof tragen, hier bildet man einen Kreis, die Binderin tritt mit dem Alten in die Mitte, und die übrigen tanzen um sie herum, darauf geht s zum Gutsherrn, dem der Alte mit den Worten überreicht wird:
wir bringen dem Herrn den Alten,
Bis er'n neuen kriegt, mag er ihn behalten.
Der Alte wird darauf an eine,: Baum gestellt, wo er noch lange Zeit hernach zu allerlei Späßen dient."
') Vogel, Perleberger Geschichten s, S. so. Sonderdruck, der nicht im Handel ist.
H B. Kuhn, Märkische Sagen und Märchen, BerlinIs^z, S.rzql.