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Mosaikartig treten die Reste eines uralten Brauches hervor, wenn man die sorgfältig bei Kuhn gesammelten Schilderungen liest, vielfach abgewandelt, lassen sie doch den älteren Kern Hindurchblicken, durch die letzte Frucht des Jahres, die kommende Saat zu segnen?) Darum wird der Alte oder die Austgarbe nicht benutzt, so sehr sie auch unter der Unkenntnis des früheren Sinnes zu allerhand Schabernack dient; darum aber laufen schließlich alle Spiele und Volksbelustigungen auf den einen Gedanken hinaus, die glücklich vollzogene Ernte zu feiern. Im Kreise Beeskow-Storkow band man aus der letzten Garbe einen Kranz, schmückte ihn mit Blumen und spielte dann auf dem Acker Greifen. Die letzte Garbe hieß Hahn, woraus dann die Bezeichnung „den Hahn greifen" für das Spiel. Am Abend gab es Mohnstrietzeln. Freilich wird der Ausdruck wohl umgekehrt von der wirklichen Handlung auf das Spiel übertragen sein; denn es weisen Spuren darauf hin, daß die Herrschaft den Knechten und Mägden einen Hahn, der gegriffen werden mußte, spendete, wenn sie den Erntekranz brachten.
Im Spreewalde sagte man nach W. von Schulenburg') für den letzten Erntetag „Heute ist Hahn" (Knsn boirot). Auch hier fließt mit deni Tanz auf dem Hof und in dem Wirtshause der alte Brauch in das Erntefest über, wenn schon der Kranz von Ähren und Blumen, das Binden der letzten Garbe, der „Alte" u. a. auf den älteren Zustand deutete. Das sogenannte „Hutschießen", bei dem mitten im Dorfe eine glattgeschälte Fichte aufgerichtet und um die an der Spitze befindlichen Gaben geklettert oder gewürfelt wurde (Raum, Ketschendorf) ist vielleicht nur ein verspäteter Pfingst- brauch; dagegen sind Wettlauf (Besdau bei Buckow) und andere Körperbewegungen, wie das in Hohenauen bei Rathenow bezeugte Springen über einen umgekehrten Kessel, Bruchstücke altheidnischen Volksglaubens.
Zeitlich getrennt von der Ernte ist das eigentliche Erntefest, das in der Regel im November stattfindet, wenn die gesamte Ernte eingebracht ist. Hier mischen sich bereits stark christliche Elemente hinein, ja es ist vielleicht nicht ganz abzuweisen, daß das Dienstverhältnis zu einer Gutsherrschaft dem Feste erst die stacke Bindung gegeben hat, die es in der Provinz Brandenburg hat. Von den vielfachen Schilderungen, die nur in Einzelheiten voneinander abweichen, sei nur die von Kuhn)) hier wieder gegeben, weil sie noch aus einer, wenig von der Neuzeit beeinflußten Zeit stammt. Kuhn erzählt, daß ein großer Erntekranz gebunden und von den festlich gekleideten Mädchen mit den bebänderten Harken, die Männer mit den Sensen hinterher, zum Dorf hinausgetragen und umtanzt wurde. Später wird der Kranz zum Guts- oder Amtshof gebracht, wo er aufbewahrt wird. Vorher wird die Herrschaft mit den Bändern des Kranzes gebunden, damit sie sich durch eine kleine Gabe löse. In Schönfließ (Neumark) sagte die Binderin den mit einigen Abwandlungen weitverbreiteten Spruch:
ß Diese letzte Garbe, die in Nord- und Süddeutschland und im skandinavischen Norden nachgewiesen und dem wuota, dem Wode, lVaude, Wud, waur, tVaul, wöl, lvölo, der Fru Gaue, Frü Goden, Jöde von Upsala, Gden geweiht ist, sollte für das Futter von Wuotas Pferd bestimmt sein. Um der Garbe, ursprünglich war sie wohl nur ein Busch Ähren, einen Halt zu geben, wurde ein Stab in sie hineingesteckt, der waulstab. S. Jahn, Deutsche Vpfer- bräuche, S. tky.
r) w. von Schulenburg, wendisches Volkstum.
Ruh», Märkische Sagen und Märchen, Berlin S. ZH2-