Druckschrift 
Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
Seite
28
Einzelbild herunterladen

Für das bisherige Versagen desEntwicklungspfades Fermerwirtschaft werden

folgende Ursachenkomplexe gesehen:

1. Die agrarpolitische Unterstützung des Sektors blieb nach anfänglichem Aufschwung gering. Der Zufluss von Krediten versiegte bald, so dass bei zwei Drittel der Betriebe 1994/95 die finanziellen Mittel für eine Erstausstattung fehlten(TANNEBERGER 1997, S. 29). Bis in die Gegenwart hinein blieben auch die gesetzlichen Grundlagen für die Fermerwirtschaft unzureichend, so dass sich auch die Banken bei Kreditierungen zurückhielten(KozLov 2001, S. 33).

2. Seitens konservativer Kräfte in der Administration auf regionaler und lokaler Ebene und auch teilweise seitens des Managements der ehemaligen Kolchosen regte sich oft Widerstand bis zum Boykott der Entwicklung bzw. wurden die Fermerbetriebe ungenügend unterstützt(FÜLLSACK 2000, S. 94). Andererseits konnten viele der Kleinbetriebe ohne technische Kooperation mit Großbetrieben oft nicht bestehen.

3. Einem großen Teil der Betriebsgründer fehlte die Erfahrung zum Aufbau eines selbstständigen Agrarbetriebes. Anfänglich waren die Betriebsgründer noch meist ehemalige Fachleute des Kolchos, nach 1994 aber oft auch unerfahrene Kräfte mit geringen landwirtschaftlichen Fachkenntnissen(ebenda).

4. Die ständige Vertiefung der Agrarkrise in den 90er Jahren hielt viele Dorfbewohner von den Risiken einer Betriebsgründung ab.

Der schwache Aufschwung der Fermerwirtschaft nach dem Jahre 2000 gibt der Hoffnung Raum, dass diesem Sektor in Zukunft eine progressive Entwicklung gelingt

3.2.2.3 Die privaten Hauswirtschaften der Bevölkerung

In Russland werden zum Privatsektor der Landwirtschaft auch die persönlichen Neben­wirtschaften der Dorfbevölkerung(LPH) und die Gartenkooperative/Individuellen Gärten sowie Datschenkooperative im weiteren Umland der Städte gezählt(SINCENKO 1999). Schon in der Sowjetunion hatten die privaten Hauswirtschaften der Bevölkerung erheb­liche Bedeutung für die Subsistenz der Dorf-, aber auch für die Versorgung der Stadtbevölkerung gewonnen. Schon 1990 stammte ein Viertel des Produktionswertes aller Agrarprodukte Russlands aus den Hauswirtschaften der Dorf- und Stadtbevölkerung. Ihr Anteil ist inzwischen bis 2002 auf 56% gewachsen. Diese Dynamik ist sowohl auf den rasanten wirtschaftlichen Niedergang der Großbetriebe wie auch auf die Expansion und Intensivierung der Hauswirtschaften selbst zurückzuführen. Während sich die Groß­betriebe hauptsächlich auf die extensive Bewirtschaftung großer Flächen mit der Kultivie­rung von Getreide, Sonnenblumen, Zuckerrüben und in Stadtnähe auch auf Veredlungs­produkte wie Milch und Fleisch zurückzogen, liegt heute der Schwerpunkt der Hauswirt­schaften teilweise bei Agrarprodukten mit höherem Arbeitsaufwand(Gemüse, Kartoffeln).

Tab. 3.2.2.3-1: Anteil der Hauswirtschaften am Produktionsvolumen wichtiger Agrarpro­dukte Russlands 1990-2002

Produktionsanteil(%) 1990 1998 2002 Getreide

Agrarprodukt

0, Kartoffeln 93,0 Gemüse 81,5 Milch 50,3 Fleisch 55,2 Schafwolle 60,3

Quelle: Nach SELSKOE CHOZJAJSTVO V Rossır 2002, S. 88; ROssiJSKIJ STATISTICESKIJ EZEGODNIK 2003, Moskva 2003, S. 406.

28