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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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Ungeachtet des hohen Produktionsanteils der Hauswirtschaften liegt auf Grund des sehr hohen Subsistenzanteils der Beitrag der Hauswirtschaften auf dem Agrarmarkt in einer Grobschätzung nur bei 25%(FÜLLSACK 2000, S. 95).

Die Abbildung 3.2.2.3-1 weist den Anteil der Hauswirtschaften am Agrarprodukt in den einzelnen Regionen Russlands im Jahre 2002 nach.

Agrarpolitisch wurde die Entwicklung des Sektors der Hauswirtschaften in diesem Umfang von vielen Politikern und Ökonomen lange Zeit nur als ein temporäres Phänomen angesehen,... not an integral part of any future agrarian policy(PALLOT/NEFEDOVA 2003, S. 41). Diese Einstellung basierte auf der dominierenden Subsistenzfunktion der Wirt­schaften und der Sicht, dass mit dem Fortgang der Agrarreformen und der Transition zur Marktwirtschaft dieser Bedarf schnell zurückgehen würde. Auch beeinflusst von der schwierigen makroökonomischen Lage Russlands, der Vertiefung der Agrarkrise bis 2000 und der Erkenntnis, dass die Weiterführung der Agrarreformen einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird, hat sich diese Bewertung gewandelt. Heute werden die Hauswirtschaften als ein wichtiger wirtschaftlicher und sozialpolitischer Faktor im Transformationsprozess mit einer nachhaltigen Lebensdauer gesehen(ebenda und SHEREBIN 2004, S. 61 f.). Die funktionale und rechtliche Stellung der Einzelbestandteile des Sektors Hauswirtschaften muss jedoch differenziert beurteilt werden.

Die persönlichen(individuellen) Nebenwirtschaften(LPH)

Entstanden als legal bestehende Nebenwirtschaften der Kolchosmitglieder und Sowchos­arbeiter sind diese Betriebe ein charakteristisches Element der russischen Landwirtschaft geblieben. Nach wie vor sind allerdings die nahezusymbiotischen Beziehungen (P. LINDNER) zwischen den Großbetrieben und den Hauswirtschaften eine wichtige Grundlage für die Entwicklung dieses Agrarsektors. Die meisten Dorfbewohner, in der Regel nach wie vor formal Beschäftigte der Großbetriebe, nutzen im Rahmen formeller und informeller Vereinbarungen neben ihrem Hofland auch geliehene Agrartechnik der GroRßRbetriebe bzw. nehmen Natural- und Sozialtransfers der Großbetriebe(oft als Entgelt für geleistete Arbeit) in Anspruch. Zugleich scheint die Existenz der Nebenwirtschaften ein wichtiges Beharrungsmoment für die Großbetriebe in der Agrarkrise zu sein(TANNEBER­GER 1997, S. 30). Die Entwicklung der Nebenwirtschaften zwischen 1990 und 2002 geht aus der folgenden Tabelle hervor.

Tab. 3.2.2.3-2: Entwicklung der persönlichen Nebenwirtschaften der Dorfbevölkerung (LPH) 1990-2002

1 T 1860 1868[2000[2002

Statistisch als Familie(semja) ausgewiesen(Goskomstat). Quelle: Nach SELSKOE CHOZJAJSTVO V Rossır 2002, S. 87; ROssiJSKIJ STATISTICESKIJ EZEGODNIK 2003, Moskva 2003, S. 407.

Die von Goskomstat in dieser Aufrechnung genannten Flächengrößen sind nur ungenau. Sie enthalten nicht die Flächen, die aus den Bodenfonds der Kommunen den Neben­wirtschaften zur saisonalen oder langzeitlichen Nutzung(mit oder ohne Pacht) überlassen worden sind. Diese besaßen allein 2001 einen Umfang von 15,4 Mio. ha, genutzt von 3,4 Mio. Haushalten(VOPROSY STATISTIKI 11/2001, S. 29). Außerdem wurden 2001 2,1 Mio. ha Weideflächen und Heuwiesen aus Gemeindeland von Viehzuchtkooperativen beansprucht. PALLOT/NEFEDOVA(2003, S. 45) verweisen auf Angaben von Uzun(1999),

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