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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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wonach sogar schätzungsweise insgesamt 28 Mio. ha Agrarflächen von der Dorfbe­völkerung bewirtschaftet werden.

Die Garten- und Datschenwirtschaften

Schon in den 80er Jahren war angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Sowjetunion die individuelle und genossenschaftliche Gartenwirtschaft stark angewach­sen. Eine gesetzliche Regelung unter der Präsidentschaft M. Gorbatschows erlaubte zusätzlich vielen Stadtbewohnern Gartenland zu erhalten. Oftmals waren und sind mehre­re verwandtschaftlich verbundene Familien am Erwerb und Bebauung der Gartengrund­stücke beteiligt. Im Krisenjahr 1990/91 und danach verstärkte sich die Expansion der Gartensiedlungen im nahen und weiteren Umland der Städte. Obwohl die Vergabe und der Besitz von Gartengrundstücken nach dem Zerfall der Sowjetunion noch nicht in allen Punkten und Regionen gesetzlich neu geregelt worden war, fand ein enormer Auf­schwung statt. Die rechtliche Situation verbesserte sich im Jahre 1998 durch Inkrafttreten des föderalen GesetzesÜber die nichtkommerziellen Garten- und Gemüsewirtschaften sowie Datschenvereinigungen der Bürger(STIKLORUS 2000, S. 82), ein Vorgriff auf das föderative Bodengesetzeswerk von 2001/2002. Das Bodengesetz von 2002 verwies dann sinngemäß auf die Gültigkeit des Gesetzes von 1998 und enthält keine neuen Festle­gungen für die Gartenwirtschaften. Es hat aber die rechtliche Position dieses Sektors gefestigt(WEGREN 2002).

Tab. 3.2.2.3-3: Entwicklung der kollektiven und individuellen Gartenwirtschaften in Russland nach 1990(Stadtbevölkerung)

Haushalte(Familien, Mio.)[8,5[18,0] 14,5] 14,9] 146 Fläche(1000 ha)___| 7878[1242| 1260 [Fläche je Haushalt m)| 678| 828| 869| 849| 900

CHIEF ME TB(nt 5,1 5,1| 44 Fläche(1000 ha)| 379| 603| 447 Fläche je Haushalt(m)| 743| 815| 876| 920

Nutzungsrechte fürGemüseparzellen(ogorody), i. d. R. Kohl, Kartoffeln, Gurken, Tomaten, ohne Stamm­obst, werden nur zeitweilig vergeben; Bewirtschaftung ohne Wohnlauben. Quelle: Nach SELSKOE CHOZJAJSTVO V Rossır 2002, S. 87.

Die Einkommens- und Preisentwicklung bei Lebensmitteln in den 90er Jahren bestimmte hauptsächlich das Verhalten der städtischen Haushalte, sich verstärkt auf eigenem Gartenland eine zusätzliche Ernährungsquelle zu erschließen. Bis 1995/96 erfolgte dies oft nahe der Städte in Form von Ogorody-Parzellen. Bei kleineren Städten grenzen die Gartensiedlungen meist schon unmittelbar an die Siedlungskomplexe an, während um Moskau und anderen Großzentren die kompakten Gartensiedlungen der Kooperative(oft mehrere Hundert Parzellen in einem Block) gürtelartig in einem Abstand von über 20 km und mehr ihren Standort gefunden haben(BRADE/NEFJODOWA 1998, S. 25).

Wie die Abbildung am Beispiel des Umlandes von Woronesh(Zentrale Schwarzerde­Region) zeigt, verstärkte sich in den 90er Jahren durch Neugründungen sowohl die räumliche Verdichtung der Gartensiedlungen in Stadtnähe wie auch die räumliche Expansion nach außen entlang von Eisenbahnlinien bzw. Autostraßen. Obwohl in der

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