Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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denn 1727 sind allein in der Neumark 107 Wölfe und 5 Luchse gespürt worden, die im Vorjahre 307 Stück Rotwild, 79 Rehe, 19 Sauen, 20 Pferde, 51 Rinder, 276 Schafe und 17 Schweine zerrissen hatten, und dochsei kaum die Hälfte von dem gewürgten Wildpret gefunden und gemeldet"?) Von 1723 bis 1737 sind in Preußen, Brandenburg und Pommern allein 4300 Wölfe, 229 Buchse und 147 Bären zur Anmeldung ge­kommen, ohne Berücksichtigung der von dem Adel erlegten Stücke. So sehr also die Dörfer und Städte durch die Zagdfronen bedrückt wurden, so notwendig waren die Maß­regeln. Nur die ungleiche Verteilung der Pflichten war die Ursache der Erbitterung, die man aus der nicht vereinzelten Tatsache ersehen kann, daß in diesen Jahren aus Landsberg a. W. einmal allein 500 Personen, ungerechnet der Amtsbauern, auf drei bis vier Tage von ihrem Tagewerk abgehalten wurden, daßjedwederns haar an einem gefangenen Wolf bezahlt wird".

Noch bis in die Mitte des 19 . Jahrhunderts zog sich der Vernichtungskrieg gegen die Wölfe hin, wenn auch die Jagd jetzt mehr von den berufenen Jägern ausgeführt wurde. Der letzte Wolf in Brandenburg ist in der Tauernschen Forst I 844 mit Hilfe von 23 Schützen und 115 Treibern erlegt. Die gewaltige Arbeit, die gerade der Wolfs­fang erforderte, wird ersichtlich aus einer Tüstriner Regierungsverordnung von 1720, nach der ein Verhau von 4 bis 500 Schritt im Umkreise aus 4 bis 5 Fuß hohen Fichten errichtet werden mußte, um das Tier in das Fangeisen zu locken?) Ts waren also gewiß nicht gerade Waidmannssreuden, die den Märker zur Jagd zogen. Man wird es daher verstehen, wenn ihm eine Abneigung gegen dieAönigliche Zagd" im Blute steckt. Daß gerade der Jäger in der Sagenwelt nicht immer eine gute Rolle spielt, daß selbst der Beelzebub sich oft seine Maske wählt, steht damit ebenso im Zusammenhänge wie das Fehlen volkstümlicher Zagdgebräuche. Was davon vorhanden ist, hat höfischen Ursprung und ist in ganz Deutschland verbreitet. Denkmäler der Zagdfreudigkeit sind die vielen Wolfsgruben gewiß nicht, die man so oft in der Nähe unserer Dörfer findet. Auch kann die Verpflichtung, Jagdhunde für den Hof aufzuziehen, die bei Verpachtungen, z. B. der Neuen Mühle bei Wusterhausen, dem Pächter auferlegt wurden, kaum Be­geisterung erweckt haben. Neben der Rotwild- und Saujagd kam noch die auf Auer- hähne, die besonders im Areise Ruppim) gepflegt wurde, auf Reiher im Wusterhausener Revier und vielleicht auch auf Schwäne, die Friedrich I. liebte, in Betracht.

Die Schützengilden, die in den märkischen Städten seit dem 15. Jahrhundert aus­tauchen, wohl aber bedeutend älter sind, haben mit der Zagd nichts zu tun, da sie aus Gründen der Wehrfähigkeit entstanden sind und stets nur die grundbesitzenden Bürger, nicht das niedere Volk aufnahmen. Dasuozv Zovr", das 1478 von den Brüdern der Sorauer Schützengilde gefordert wurde, war gewiß nicht so wohlfeil, daß ärmere Bürger eine solche Waffe besitzen konnten. Johann Georgs Privilegium der Schützen­gilde in Wriezen von 1585 verlangt geradezu dieHebung der Burenschutzen Zn kriegsleufsten"?)

9 Fr. Genthe, Wolfsjagdlaufen der märkischen Städte im t6>, N- und 18 . Jahrhundert, Beilage Nr. qs der vossischen Zeitung 18 Y 8 .

9 Bär XI, 1885, S. ZN.

Büsching, Reise nach Ryritz, S. ns.

«) Bär XI, 1885, S. 6 S 4 .