Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Die Fischerei.

Brandenburg ist ein fischreiches Land durch seine Seen und Flüsse. Es ist zu­gleich dadurch, daß die wendische Bevölkerung teils aus Neigung, teils aus Zwang den Fischfang mit Vorliebe betrieb, manches Altertümliche geblieben. Schon das Zusammen­drängen einer Bevölkerungsschicht in bestimmte Ortschaften mit ausschließlicher Fischerei ,nutzte auf die Erhaltung besonderer Eigenart drängen. Denn es sind die Aietze sch. 22) als wendische Fischerdörfer anzusehen/) die schon in ihrer Vielzahl für das Volks­tum von Einfluß waren. Solche Aietze sind vorhanden oder vorhanden gewesen in folgenden Ortschaften: Angermünde, Beeskow, Berge, Bergen, Biesenthal, Bliesendorf (Zauche), Blumberg bei Berlin, Bölkendorf, Brandenburg a. k). (sogar zwei), Brielow, Buchholz, Eöpenick, Eremmen, Eüstrin, Drense, Driesen, Eberswalde, Fahrland, Frank­furt a. O., Freienwalde, Fürstenberg a. O., Glauchow, Göritz, Görzig, Gröben bei Potsdam, Guben, bsavelberg, Iänickendorf, Arämersborn, Aunitz, Landsberg a. lV., Lebus, Lenzen, Lichtenberg bei Berlin, Luckau, Lübben, Lunow bei Oderberg, Nahausen, Nauen, Neuendorf N.-L., Niemaschkleba bei Gilben, Vderberg, s?ecbüle, j?laue a. t)., Vommerzig, V^ksdam, Vrenzlau, sprießen N.-L., s>ritzwalk, s> 7 ^ehne, Rathenow, Reetz, Rhinow, Rieben, Rosenthal bei Dahme, Schlanow, Schlenzer, Schönwalde bei Lübben, Treuenbrietzen, Nlarquard bei Potsdam (früher Schorin geheißen), Schwedt, Sonnen- burg, Spandau, Stolzenhagen bei Oderberg, Strausberg, Trebenow bei s>renzlau, Tre- bichow, Trebnitz, ID.-Bork, Metbrietzen, Wollersdorf bei Rüdersdorf, lVriezen, Zellin, Zossen, Zühlsdorf. Es führte der Aufseher über die Gewässer, der in Spandau, in Eöpenick und in Alt-Ruppin saß, und in anderen Ortschaften wohl schon vorher auf­gehoben worden ist, den wendischen Namen sRistabel. Daß für eine behördliche Ein­richtung überhaupt ein wendischer Name zur Geltung gelangen konnte, beweist das Alter und der schon zur Zeit der deutschen Kolonisation vorhandene Einfluß der wendi- scben Fischerei.

Die Zurückgezogenheit der Fischer hat in Verbindung mit dem auf gewerblicher Abschließung gerichteten Zunftbestrebungen dahin gewirkt, auch dem Volksleben Züge zu geben, die dieser Exklusivität Rechnung tragen. 5o achtbar das Gewerbe an und für sich ist, so hat es in der Znnungsbewegung niemals die Rolle gespielt wie andere städtische Gewerbe, weder in der Ausbildung des Nachwuchses, noch in der Aunftstube, noch auch in der Teilnahme am bürgerlichen Leben?) Nur bei den Volksfesten brach, soweit sie nicht durch die Airche in engeren Grenzen blieben, ein lauter Ton durch, ein Ton, der selbst in dem doch durchaus nicht stillen Leben Berlins seit Jahrhunderten sich Achtung verschaffte.

') In einer Urkunde des Dorfes Schollene bei Rhinow (jetzt zur Provinz Lachsen gehörend) findet sich die Bezeichnung sdavi (für 8 Iavi) für die Rieher im Gegensatz zu den deutschen Bewohnern, die als »borxere«,teutonioi" oder »cives- genannt werden (Urkunde ,2,0, Rop. XXXII, Jerichow 5 . Zo im Archiv zu Magdeburg). Dieser Unterschied tritt noch in den Steuerregistern i?02 auf.

«) Die Hechtreißer-Innungen in Freienwalde und wrietzen sind nicht eigentliche Fischer, sondern bildeten ein besonderes Gewerbe.