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Die Geschichte des Äraulauer Fischzuges, des in Deutschland vielleicht bemerkens- * wertesten Fischereifestes, leitet vielleicht in einen entfernteren Ausgangspunkt zurück als in das Wendentum. Der Bartholomäustag (24. August), der die Schonzeit für die Fische abschloß, hatte eine besondere Bedeutung; an ihm ziehen der wilde Jäger und Frau Harke um, die Heren versammelten sich an ihm, und in England fanden, zweifellos von den Angeln mitgebracht, Wettkämpfe statt, an denen die Spitzen der städtischen Behörden teilnahmen. Es scheint diesem Tage also eine tiefere mythologische Bedeutung von zunächst noch unbekannter Herkunft innezuwohnen, die dann von der Airche übernommen und umgedeutet wurde. Jedenfalls hat sie es verstanden, die vielleicht auch im wendischen Volkstum vorhandenen Beziehungen mit deutschen Überlieferungen zu vereinen und sie mit dem zeitlichen Endtermin der Schonzeit zu einer überwiegend kirchlichen Feier umzuformen. Das geht schon aus der Bestimmung hervor, den Hauptertrag des Fischzuges dem Prediger zu überliefern. Es war das um so leichter, als der Heilige des 24 . August wie Petrus ein Fischer war und deshalb zu einem Schutzheiligen des Gewerbes wurde. Ende des s6. Jahrhunderts tritt der Fischzugstag als ein vorwiegend kirchliches Fest auf, das zwei Jahrhunderte später bereits für Berlin Bedeutung gewann, nachdem es vorher wohl schon stark verweltlicht war. Prinzen und Fürsten hatten sich an der harmlosen Freude des Volkes erfreut, das mit höchster Begeisterung an dem Feste der Stralauer Fischer teilnahm. Seit freilich der Janhagel die Gelegenheit zu Ausschreitungen benutzte, war das Fest dem Untergänge geweiht, der vielleicht unabwendbar ist, wenn auch von Zeit zu Zeit von interessierter Seite auf eine Neuerstehung hingearbeitet wird?)
Der Kern des Festes war der Fischzug, zu dem die Fischer Stralaus am frühen Morgen mit Musik aufs Wasser zogen, um mit dem großen Garne fünf Züge zu tun?) Es schloß sich ein Fest auf der Dorfaue an, das durch den Zuzug der Berliner einen größeren Umfang annahm, gestützt vielleicht auf ältere Beziehungen der Berliner Fischer zu denen von Stralau. Die kirchliche Feier war immer mehr zurückgetreten, was der Veredelung des Festes gewiß nicht günstig war?)
Ein anderer Schutzheiliger der Fischerei, der heilige Zakobus, hat gleichfalls einem Feste den Namen gegeben, das an seinem Namenstage, am 25. Juli, stattfindet. Es scheint sich jedoch nur eines der Fischerfeste in Plaue a. H. erhalten zu haben. Es wird jetzt im August gefeiert und vereinigt auch die Fischer aus der Umgebung. Während sich die unverheirateten Fischer mit den Familien im Hause versammeln, kommen die verheirateten Männer bei dem Berufsgenossen zusammen, der für das Jahr die Fahne
') R. George, Aus der Vergangenheit Stralaus, Nonaisblatt der Brandenburgia IV, I8Y5, S. 185.
2) Später freilich ist darin manches anders geworden. Lin Beobachter aus dem Jahre 1798 erzählt von drei Zügen, von denen der erste dem Magistrat von Berlin, der zweite gegen zehn Taler, die dem Pfarrer zustehen, abgelöst ist, der dritte aber der Gemeinde selbst gilt. „Und nun wird geschmaust, getrunken und getanzt bis zum Aufgang der Sonne, diesseits und jenseits des Ufers in allen Schenken." (Mercier, Neuestes Gemälde von Berlin auf das Jahr 1798, Lölln 17I8.)
>) Lin ebenfalls sonderbarer Brauch bestand in Stralau in der Verpflichtung der Gemeinde, dem Pfarrer alljährlich einen Stiefel zu liefern, damit er vom Dorfe aus über den Graben zur Kirche gelangen konnte.
Seandenbnrgische Landeskunde. Bd. NI. 9