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zur Aufbewahrung hat. Lin Musikkorps holt dann die Jungen ab und geleitet sie zu den älteren Fischern. Zusammen ziehen sie nun durch die von Fischern bewohnten Straßen nach der „Fischerhavel", von der aus mit aneinandergebundenen, blumengeschmückten Kähnen eine Fahrt nach dem Plauer See gemacht wird. Musik und Tanz beschließt den Abend. Von einem Gottesdienst ist auch hier keine Rede mehr?)
Wieweit der Grenzzug der Löpenicker, der schon erwähnt (S. s08) ist, als ein Fischerfest aufzufassen ist, mag zweifelhaft sein, da für die Fischer nur Lasten entstehen. Denn sie müssen das Fahrzeug stellen, mit dem Magistrat und Stadtverordnete nach der Llödenick, einem alten Spreearm, fahren, hier findet sich auch der Schulze des Rietzes ein; gemeinsam zieht man nun von Grenzhügel zu Grenzhügel bis zum letzten, wo sich die Neilbürger bücken und von dem Schulzen mit einer peitsche sechs Schläge erhalten, den ersten für den König, den zweiten für den Magistrat, den dritten für die Stadtverordneten, den vierten für die Bürgerschaft, den fünften für die Nachbarschaft (so werden die Kietzer genannt) und den letzten für den Schulzen selbst. Dann wird getanzt, nachdem die Kietzer ihre Gäste mit Fischen und Bier bewirtet haben. Da diese Verpflichtung bereits sHSs als Abschluß eines Vertrages zwischen Stadt und Rietz wegen der Fischerei auf der Llödenick erwähnt wird, so mag auch hier ein älteres Fischerfest mit einer geschichtlichen Tatsache zusammengefallen sein?)
Dieser Grenzzug fand alle zwei Jahre statt. In gleichen Zwischenräumen wiederholte sich in Berlin das Fischerstechen am sO. August, dem Tage des heiligen Laurentius, bei dem aber eine Beziehung zur Fischerei nicht erkennbar ist. Nach dem Feste begann man init bestimmten Zeugen zu fischen. Die Erlaubnis zu dem Feste wurde von dem Bürgermeister bereits 14 Tage vorher mit Darbietung von Fischen eingeholt und mit Trommeln und pfeifen verkündet. Die Rosten wurden durch eine öffentliche Sammlung gedeckt, zu der neben Geld auch Halstücher, Löffel und dergleichen gespendet wurden. Unverheiratete Töchter schenkten silberne Medaillen, die an Sperre gehängt wurden. Am Festtage begann der Zug 2 Uhr nachmittags. An der Spitze marschierten sechs Musiker, dann folgten ein junges unverheiratetes Fischerpaar in der Tracht der Spreewälder, Bauer und Bäuerin genannt, und Fischer in bunten Narrentrachten, in denen sie allerlei Schabernack ausübten. So bewegte sich der Zug mit dem Hauptspeer, an dem die größte Medaille hing, zu den Mühlen. Auf dem Wasser entspann sich dann ein Rampf zwischen den Stechern und Kämpfern, deren Lanzenschafte durch große runde Scheiben ungefährlich gemacht wurden. Auch Mädchen mit „Mannesbuchsen" sollen zugelassen worden sein, wie ein Bericht von erzählt?) Wer drei Gegner über Bord gestoßen hatte, ohne naß zu werden, war Sieger und erhielt die große Medaille. Ls schloß sich schließlich eine sehr rohe Unterhaltung an, bei der drei Gänse lebend und mit dem Kopse nach unten an einem über die Spree gezogenen Seile hingen. Die „Narren" versuchten die Köpfe zu fassen und den lebenden Tieren abzureißen. Umzug, Tanz und Trunk folgten und hielten die Fischer und wahrscheinlich auch viele der Zuschauer bis zum nächsten Tag zusammen. Im wesentlichen kam es auf die Gewandtheit im Wasser und
') L. Friedet, Monatsblatt der Brandenburgia XV, iyo?, 5 . 2S5.
A. Kuhn, Märkische Sagen und Märchen, Berlin ISHZ, S. 371.
-) Bär XII, tSSS, S. 22.