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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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Großbetriebe

In der Regel verfügen die Großbetriebe in Westsibirien über eine wesentlich größere Bodenfläche(LN) als Betriebe im europäischen Teil Russlands und sind wie in den Steppengebieten der Zentralen Schwarzerde-Region und des Nordkaukasus in dispers verteilten Großsiedlungen zu finden.

Von SCHULZE et al.(1999) sind im Waldsteppenland um Nowosibirsk 8 Großbetriebe untersucht worden, deren Betriebsflächen zwischen 1900 und 17 500 ha(im Mittel 10 600 ha) sowie die darin enthaltenen Ackerflächen zwischen 1450 und 13 300 ha schwankten. Über noch größere Betriebsflächen berichtet TANNEBERGER(1997) aus dem Deutschen Nationalen Kreis Halbstadt in der Kulundasteppe(Altai Krai). Hier betrug in 13 Betrieben die mittlere LN 14 000 ha in einer Spannweite von 5000- 33 500 ha(ebenda, S. 104).

Betriebe dieser Größenordnung gelten unter marktwirtschaftlichen Bedingungen in der Regel als ineffizient, da sie zu hohe Transaktionskosten verursachen. Seinerzeit erfolgte im Rahmen der Staatsverwaltungswirtschaft ihr Aufbau jedoch unter den Bedingungen niedrigster Faktorkosten(Energie, Düngemittel etc.). In Gegenwart und Zukunft sind die Betriebe in der Anpassung an die Marktwirtschaft mit dem Problem der Steigerung ihrer Effizienz besonders konfrontiert. Für ihre Flächendimensionierung spricht bei günstigen Marktbedingungen ihr betriebliches Potenzial zur Erzielung von Skaleneffekten. Jedoch leiden die Betriebe heute auch besonders neben ihren allgemeinen Strukturproblemen unter dem desolaten Zustand ihrer Agrartechnik und unter ihren Finanzproblemen bei den hohen Faktorkosten.

Private Bauernwirtschaften(Fermer)

Die Entwicklung von Bauernwirtschaften(Fermer) erfolgte in der Region nur in sehr geringem Ausmaß.

Im Jahre 2000 waren im Omsker Gebiet 6900 Fermerbetriebe(660 000 ha/10% der LN), (AGEENKO et al. 2001, S. 21) sowie im Altai Krai 5900 Betriebe(900 000 ha/9% der LN), (PROKOPOVA/DERJUGA 2001, S. 18) registriert. Im Altai Krai besaßen 46% der Fermer­wirtschaften Betriebsflächen von> 100 ha. Zu einem großen Teil entfallen die Produk­tionsleistungen im bevorzugten Getreidebau auf die größeren Wirtschaften. Diese haben zu einem erheblichen Teil Land gepachtet. Im Ergebnis einer Untersuchung von 75 der größten Fermerbetriebe im Omsker Gebiet mit einer Durchschnittsgröße von 1558 ha befanden sich dort im Jahre 2000 ca. 18% der Betriebsfläche in Privateigentum, aber 82% waren Pachtland(AGEENKO et al., 2001, S. 22). Bei den vielen Klein- und Kleinst­betrieben ist der Eigentumsanteil wesentlich höher. Aber Letztere wirtschaften unter sehr schwierigen Bedingungen und befinden sich meist in Konkursnähe(im Omsker Gebiet im Jahre 2000 20%(ebenda, S. 24). Unzureichende Lager- und Stallkapazitäten, Mängel an Agrartechnik(mehr als 50% der Fermer besaßen keinen Traktor, mehr als drei Viertel keine Getreidekombine) erschwerten ihre betriebliche Entwicklung. In der Regel sind auch die Entfernungen zum Feld außerordentlich hoch, im Durchschnitt bei 30 befragten Fermerwirtschaften im Gebiet Nowosibirsk 9,7 km(SCHULZE et al. 1999, S. 27).

Unzureichend ist bei allen Betrieben der Marktanteil an der Gesamtproduktion: bei Getreide zwischen 55%(Omsk) und 45%(Altai Krai), bei Milch 12%(Omsk) und 22% (Altai Krai). Der Warenumsatz erfolgt oft auf dem Wege von Bartergeschäften(37% der Betriebe). Daneben spielt der Verkauf auf örtlichen Märkten und über Straßenkioske eine bedeutende Rolle.

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